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BUDDY CAR
OF THE YEAR 2017
Design
16. August 2017

BUDDY CAR OF THE YEAR 2017

Die Autobranche befindet sich in einer großen Umbruchphase: Es geht nicht nur darum, Mobilität nachhaltig zu gestalten, sondern trotz Elektrifizierung und Digitalisierung auch noch Emotionen zu vermitteln – vor allem, um junge urbane Menschen zu begeistern. Deswegen wird das Autodesign bis auf die Spitze getrieben, mit Formen, die oft schon einem Comic entsprungen zu sein scheinen oder aus der Feder eines Kindes stammen könnten. Alles, nur nicht langweilig, und Hauptsache jugendlich! Diese Maximen durchziehen nun auch die Automobilindustrie.

 

Umso schwieriger wird der Balanceakt, trotz dieser Herausforderungen besondere Automobile zu entwickeln, die nicht nur wie flüchtige Konsumgüter wirken, sondern uns tatsächlich faszinieren und das „Will-haben-Gefühl“ auslösen. Wir suchten fünf dieser begehrenswerten Automobile aus: den quirligen Mazda MX-5 RF, den chilligen Volvo XC60, den edlen Jaguar XF, das unvernünftige Mercedes GLC Coupé und die exotische Renault Alpine. Am Ende traf uns einer von ihnen direkt ins Herz und wurde unser Buddy Car of the Year 2017.

365 TAGE SUSHI

Der Mazda MX-5 gehört zu den erfolgreichsten Roadstern überhaupt. In den 1990er-Jahren wurde er zum Inbegriff des erschwinglichen Spaßautos. Seit 2015 ist nun die dritte Generation des kleinen Flitzers auf dem Markt und begeistert wieder mit agilem Handling, kompakten Ausmaßen und einem ungezwungenen Auftritt. Während aber der normale MX-5 einen Tick zu soft rüberkommt, ist der junge Bruder namens RF die coolere Alternative. Das Alu-Dach des Hardtop-Roadsters lässt sich hier elektrisch, ähnlich wie beim sechsmal teureren Porsche 911 Targa, versenken. Allein diese Show ist den Aufpreis gegenüber der Stoffdach-Version wert. Unter der Haube stecken zwar nur bescheidene 160 Pferdestärken, die reichen aber dennoch aus, um das Leichtgewicht ordentlich in Bewegung zu setzen. Einziger Kritikpunkt: Beim Außendesign haben die Japaner sich etwas zu sehr ausgetobt. Hier wäre weniger definitiv mehr gewesen. Dennoch: Ab knapp 30.000 Euro hat man das Gefühl, als gäbe es frisches Sushi jeden Tag. Lecker!

GERMAN UNVERNUNFT

Mercedes ist der Klassiker unter den Premiummarken und mittlerweile sogar die Nummer eins beim Absatz vor den Konkurrenten BMW und Audi. Aufregendes Design, hochwertige Verarbeitung, moderne Features und der Fokus auf Komfort haben die deutsche Edelmarke wieder auf Erfolgskurs geführt. Das Mercedes GLC Coupé ist ein Kind des jüngsten Erfolges und spiegelt sowohl die neuen als auch die alten Tugenden der Marke wider. Die Mischung aus SUV und Coupé sieht hinreißend aus, ist nicht überdimensioniert und gerade noch erschwinglich für urbane Stiljünger. Mit 211 PS und ab knapp 50.000 Euro geht der Spaß los. Ein idealer Wagen also für Menschen, die ein schickes Accessoire auf vier Rädern suchen. Und genau das ist seine größte Schwäche, denn wer mehr Nutzwert haben möchte, der greift zum nahezu baugleichen Bruder GLC: Dieser bietet mehr Raum und kostet fast 5.000 Euro weniger bei vergleichbarer Motorisierung. Doch das Geheimnis des neuen Mercedes-Erfolges liegt gerade in unvernünftigen Auto-Kreationen wie dem GLC Coupé. Man braucht sie nicht, aber man will sie unbedingt haben.

IKEA AUF VIER RÄDERN

Die schwedische Automarke war schon immer bei gutbürgerlichen Familien beliebt, die möglichst sicher von A nach B fahren wollten. Das klingt allerdings alles andere als aufregend. Deswegen haben die Schweden in den vergangenen Jahren eine Metamorphose vollzogen und ihre Autos in stylische Lounges verwandelt, die nonchalant vorzugsweise durch urbane Räume kreuzen. Der neue Volvo XC60 ist das perfekte Beispiel dafür: Nordisch-klares Design trifft auf modernste Technik und vereint sich zu einem zeitgemäßen Ganzen, das in etwa so ein wohliges Zuhause-Gefühl auslöst wie eine komplett neue Ikea-Einrichtung. Während andere Premiumhersteller ihre Autos immer schneller und agiler machen, entzieht sich Volvo diesem Wettkampf und lässt seine Autos in einer eigenen Liga fahren. Denn wenn man in dem durchgestylten Interieur Platz nimmt, merkt man sofort: Hier bin ich zu Hause. Und da möchte man ja auch nicht rasen, sondern einfach nur entspannen. Aber ein Kribbeln im Bauch erzeugt das leider nicht.

DANDY’S LIEBLING

Wer ein Luxusauto mit besonders viel Stil haben möchte, der ist schon immer bei einer der britischen Automarken gelandet. Dabei zählt Jaguar zu den noch erschwinglichen Premiummarken auf der Insel. Das neuste Produkt im Portfolio ist die Limousine XF. Auch an Jaguar ist der Verjüngungstrend nicht spurlos vorübergegangen. Während die britische Marke früher als angestaubt und träge galt, gehört sie heute zu den dynamischsten. So besteht die XF-Limousine zum Großteil aus leichtem Aluminium und bietet souveräne Diesel- und Benzinmotoren, die sparsam sind und dennoch ordentlich Leistung haben. Und selbst bei den Assistenzsystemen schließt Jaguar zur Konkurrenz auf. Schön, dass sich die britische Marke noch ihre kleinen Eigenheiten bewahrt hat, zum Beispiel einen ausfahrbaren Drehknopf auf der Mittelkonsole anstelle eines schnöden Automatikwählhebels. Leider ist Jaguar bei der Verjüngungskur der britische Stil ein wenig abhandengekommen. Aber als Dandy’s Liebling taugt die große britische Limousine immer noch.

FUTURE CAR OF THE YEAR 2017

Audi beweist mit dem Q8 Concept, dass der Hybrid keine veraltete Idee ist, sondern Umweltbewusstsein mit kompromissloser Mobilität verknüpft. So schafft er rein elektrisch bis zu 60 Kilometer Reichweite – zusammen mit dem Benzinmotor sind es bis zu 1.000 Kilometer. Zudem vereint der Q8 zukunftsweisende Trends im Premiumsegment: Da wäre zum Beispiel das Design, denn die Mischung aus SUV- und Coupé-Form ist derzeit besonders beliebt. Sie vereint Funktionalität mit sportlicher Optik. Dabei hat Audi das Markendesign mit großen planen Flächen und charakterstarken Linien nachgeschärft. Das sorgt für eine eindrucksvolle Straßenpräsenz. Wie alle Audis trägt auch der Q8 seinen Nerz nach innen und umgibt den Fahrer mit einer durchgestylten, hochwertigen Kabine. Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ wurde auf alle unnötigen Knöpfe und analogen Anzeigen verzichtet und stattdessen auf hochauflösende Touchdisplays gesetzt. Ein Head-up-Display projiziert zusätzlich wichtige Informationen in die Windschutzscheibe. Der Q8 ist ein sehr gelungenes Gesamtpaket, das zeigt, wie Autos in Zukunft Technik mit Emotionen verbinden können, um uns weiterhin zu begeistern. Und deswegen ist es unser Future Car of the Year.

JE VEUX, JE VEUX, JE VEUX!

Um die große Bedeutung dieses Autos zu verstehen, muss man in die Vergangenheit zurückblicken: Die französische Marke Renault wurde 1898 gegründet und gehört zu den traditionsreichsten Autoherstellern weltweit. Der ebenfalls französische und früher im Rennsport erfolgreiche Hersteller Alpine entstand 1955 und wurde in den 1970er-Jahren von Renault übernommen. Das letzte Alpine-Serienmodell dieser Kooperation lief 1995 vom Band. 22 Jahre nach Produktionsende erwacht nun die Alpine wieder zum Leben als eines der exotischsten und puristischsten Straßenautos überhaupt. Das Design orientiert sich dabei an dem Klassiker der Marke, dem A110 von 1961. Unverkennbar sind das markante Vier-Scheinwerfer-Gesicht sowie ein kuppelartiges, nach hinten sanft abfallendes Dach. Das Highlight ist aber ein geradezu filigranes, spoilerfreies Heck, das in seiner schlichten Eleganz wohl einmalig in der heutigen Sportwagenwelt ist. Die Reinheit des Sportwagenkonzepts zeigt sich in einem extrem niedrigen Gewicht von knapp einer Tonne, das jeden neuzeitlichen Porsche unterbietet. So reicht ein Vierzylinder-Turbo-Motor hinter den Passagieren aus, um den Wagen in unter 4,5 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Das Herausragende an der neuen Renault Alpine ist die Mischung aus Tradition und Moderne, Sportlichkeit und Eleganz, Exotik und Alltagstauglichkeit. Das alles und ein Schuss französischer Charme machen die neue Alpine zu einem der aufregendsten und außergewöhnlichsten Autos des Jahres 2017 – und damit zu unserem Buddy Car of the Year. Ende des Jahres wird dieser Exot erhältlich sein, der Preis soll bei etwa 50.000 Euro liegen. Da bleibt nur noch zu sagen: Oui, je veux! ///

 

Text: Martin Lewicki

16. August 2017 Design m # zum mate.style.lab