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BUDDY CAR
OF THE YEAR 2019
Design
29. April 2019

BUDDY CAR OF THE YEAR 2019

Die Elektromobilität ist nicht aufzuhalten. Im Monatstakt kommen neue Modelle auf den Markt. Dabei üben die meisten Hersteller noch den Spagat zwischen ökologisch-nachhaltig und futuristisch-emotional. Vielen fehlt der Mut zu radikalen Ideen.

Das US-Start-up Rivian zeigt, wie es geht: Sie nahmen sich den in Amerika beliebten, aber ökologisch problematischen Pick-up vor und machten daraus ein cooles E-Auto. Auch Jaguar beweist Mut: Mit dem I-Pace stellten sie einen sportlichen Elektro-SUV auf die Räder, der schon beim Betrachten Spaß macht. Mercedes möchte offenbar seine Stammkundschaft nicht vor den Kopf stoßen und zeigt sich bei der Designsprache des ersten Elektro-SUV weniger mutig. Dafür ist der EQC ein rundum gelungener und komfortabler SUV. Wie aufregend die E-Auto-Zukunft noch wird, beweist hingegen Audi mit der „e-tron GT“-Studie. In ähnlicher Form soll das viertürige Coupé im Jahr 2021 auf den Markt kommen.

So schön die neue E-Autowelt ist, die Gegenwart wird noch von Verbrennungsmotoren dominiert. Und auch da haben wir uns zwei besondere Modelle rausgepickt: das luxuriöse und geradezu verschwenderische BMW 8er Cabrio sowie den Gegenpart dazu, den vernünftigen, praktischen und allen Aufgaben gewachsenen Seat Tarraco.

Sechs Fahrzeuge, vier davon rein elektrisch angetrieben und nur zwei mit konventionellem Antrieb. Bei der Wahl zum Buddy Car of the Year 2019 fahren wir bereits überwiegend ohne fossile Brennstoffe.

MR. NICE GUY – MERCEDES EQC

Jetzt fährt man auch bei Mercedes komplett elektrisch – zumindest mit dem EQC. Das oberste Ziel schien hier zu lauten: Bloß keine Fehler machen! Sowohl beim Design als auch bei der Technik zeigt der EQC weder Ecken noch Kanten. Beim Format entschied man sich für den sicheren Weg und wählte das Mittelklasse-SUV-Segment. So lässt sich der EQC mit seinen knapp 4,8 Meter Länge in Megametropolen noch gut manövrieren.Das Außendesign ist natürlich Geschmackssache. Allerdings sieht speziell die Front etwas verspielt und unentschlossen aus. Man merkt, dass Mercedes seine zukünftigen E-Auto-Modelle von den oldschool Verbrennern abzugrenzen versucht und auf eine eigenständige Design-Linie setzt. Es fehlt aber noch ein wenig an Ausdrucksstärke.Dafür gibt es im Innenraum nichts zu meckern: Reduziertes Design trifft auf einen riesigen Panorama-Bildschirm und eine hochwertige Anmutung. Wer eine Ruheoase im Straßenverkehr sucht, der wird hier fündig. Da ist es fast nebensächlich, dass der EQC mit seinen 408 PS und Allradantrieb in gerade mal 5,1 Sekunden auf 100 km/h spurten kann. Wer darauf verzichtet, kann auf eine Reichweite von über 400 Kilometern kommen. / www.mercedes-benz.de

COOLER ÖKO – RIVIAN R1T

Was in Europa der Kompaktwagen, das ist in den USA der Pick-up: Der Geländewagen mit offener Ladefläche ist ein Alltagsauto. In Deutschland jedoch gehören Fahrzeuge dieser Gattung zu den Exoten. Und das hat seine Gründe: Groß, schwer und durstig passen sie nicht zum Effizienzdenken der Deutschen. Dies könnte ein US-Start-up ändern, denn Rivian bringt den ersten Elektro-Pick-up auf den Markt. Der Rivian R1T ist alles andere als eine sanfte Öko-Kiste. Gleich vier Elektromotoren mit insgesamt 764 PS beschleunigen den 2,7-Tonner in sensationellen 3 Sekunden auf 100 km/h. Dabei misst der Pick-up 5,5 Meter in der Länge, bietet fünf Sitzplätze, eine riesige Ladefläche hinten, einen Kofferraum vorne unter der Haube und ist mit allen Annehmlichkeiten und Fahrassistenten ausgestattet. Klare Linien bestimmen sowohl außen als auch innen die Erscheinung des R1T. An Front und Heck dominieren LED-Leuchtbänder, im Innenraum sind es zwei riesige Displays und die Abwesenheit von vielen Knöpfen und Reglern. Würde Apple einen Pick-up bauen, würde er vermutlich so ähnlich aussehen. Den Rivian R1T wird es mit verschiedenen Motorstärken und Kapazitäten geben. Mit dem größten Akku-Paket soll er über 600 Kilometer weit kommen – das wäre mehr als bei jedem anderen E-Auto auf dem Markt. / www.rivian.com

EINER FÜR ALLES – SEAT TARRACO

Hier mal eine Wunschliste: Er sollte gut aussehen – muss kein Model-Typ sein, aber nett anzuschauen. Vernünftig sollte er sein, kein durchgeknallter Egozentriker, sondern einer, auf den man sich immer verlassen kann. Und dennoch sollte man mit ihm Spaß haben können, auf großen Reisen, bei kleinen Abenteuern und natürlich im Alltag. Darf ich vorstellen: der Seat Tarraco. Tatsächlich lassen sich die Attribute von einem Traumpartner auf den neuen Seat Tarraco übertragen, denn dieser Mittelklasse-SUV ist ein Auto für alle erdenklichen Bedürfnisse. Er basiert auf dem Volkswagen Tiguan Allspace und bietet auf 4,7 Meter Länge enorm viel Raum. Ob Surfbrett, Mountainbike, Ikea-Einkauf oder irgendwann der Nachwuchs: Der Tarraco transportiert es. Dabei ist es kein behäbiger Packesel, sondern ein dynamischer Alltagswagen, der sowohl in der Stadt als auch auf Reisen eine gute Figur macht. Da er auf Volkswagen-Technik zugreift, sind Annehmlichkeiten wie eine adaptive Fahrwerksregelung oder Fahrassistenten optional erhältlich. Und beim Design ist der Tarraco kein Langweiler, sondern zeigt das neue Gesicht der spanischen Marke, die schon seit Jahren mit attraktiver Optik begeistert. Das Beste: Der Tarraco ist schon ab 29.980 Euro zu haben. Ein Typ, der viel zu bieten hat und trotzdem erreichbar ist. / www.seat.de

HAUTE COUTURE AUF RÄDERN – BMW 8ER CABRIOLET

Das Cabriolet ist die Königsdisziplin unter den Automobilen. Es ist sozusagen die Haute Couture in der Automobilbranche: Man braucht es nicht, es ist unpraktisch, macht nur Sinn bei schönem Wetter, und dann ist es noch teurer als alle anderen Modelle. Dennoch nimmt man all das in Kauf. Warum? Weil kein anderes Auto so viel Fahrspaß bietet wie ein offenes Cabrio. BMW ist mit dem neuen 8er Cabriolet ein Prachtstück gelungen. So muss ein echter Luxusliner aussehen: lang (4,8 Meter), breit (1,9 Meter) und flach (1,34 Meter). Kraftvoll-bullig und dennoch elegant wirkt der 8er wie aus einem Guss. Der Innenraum ist eine pure Wohlfühl-Lounge aus Leder, Alu und Holz. Hinzu kommt neuste Technik mit BMWs Sprachassistenten, hochauflösenden Displays und etlichen Fahrhilfen. Mit Nackenföhn in den Sitzen, Laser-Licht in den Scheinwerfern und vielen weiteren Optionen lässt er sich nach Belieben individualisieren. Serienmäßig ist das riesige Stoffverdeck, das sich über dem Viersitzer straff spannt und sich vollautomatisch in nur 15 Sekunden öffnet oder schließt. Das funktioniert während der Fahrt bei bis zu 50 km/h. Haute Couture können sich bei einem Einstiegspreis um die 100.000 Euro allerdings nur einige wenige leisten. / www.bmw.de

FUTURE CAR OF THE YEAR 2019

Viele Autofans befürchten, dass mit der Elektromobilität der Spaß am Autofahren ein jähes Ende nehmen wird. Schlimmstenfalls könnten nur noch kleine surrende Kabinenroller, womöglich noch autonom, durch die Städte wuseln. Dass das zumindest in den nächsten Jahren nicht passieren wird, zeigen etliche Hersteller mit ihren aufregenden Zukunftsvisionen. Allen voran Audi mit der Studie e-tron GT. Wie selten zuvor kombiniert Audi ein futuristisches und dennoch emotionales Design mit viel Leistung, hoher Reichweite und einem geräumigen Innenraum, der komplett auf nachhaltige sowie vegane Materialien setzt.Die Karosserie des viertürigen Coupés ist in einer speziellen Leichtbauweise gefertigt, wobei verschiedene Materialien miteinander kombiniert werden. Durch die enorme Breite von 2 Metern sowie eine Höhe von nur 1,38 Metern wirkt das 5-Meter-Coupé sehr bullig und dynamisch. Man spürt den Vorwärtsdrang schon im Stand. Wer jetzt denkt, dass dieser Audi ein Poser ist, der liegt komplett falsch. Mit 590 PS Leistung kann er vom Fleck weg in 3,5 Sekunden auf 100 km/h spurten, braucht kaum mehr als 12 Sekunden für die 200er-Marke und erst bei 240 km/h wird er den Batterien zuliebe abgeregelt. Wer sich hingegen zügelt, wird mit einer Reichweite von mehr als 400 Kilometern belohnt. / www.audi.de

WINNER: SCHÖNLING MIT CHARAKTER – JAGUAR I-PACE

Wow, da hat Jaguar aber vorgelegt. Noch bevor Mercedes, Audi und BMW ihre Elektro-SUVs auf den Markt bringen, hat die britische Marke Ende 2018 den I-Pace auf den Markt lanciert. Jaguar beweist nach dem Sportwagen F-Type mal wieder ein feines Händchen dafür, wie man ein Auto ansprechend gestaltet. Da sieht man Ecken, Kanten und Kurven in perfekter Harmonie vereint. Besonders die wellenartige Seitenlinie, die ins gerade abfallende Heck ausläuft, ist ein Augenschmaus. Von vorne erkennt man klar die Markenzugehörigkeit mit einem gelungenen Mix aus sportlicher Ausstrahlung und moderner Sachlichkeit. Im Innenraum wiederum zeigt der I-Pace, wie man mit Design-Elementen aus Holz, Alu, Glas und Leder einen spannenden Mix kreiert, ohne zu verspielt oder chaotisch zu wirken. Es macht einfach Spaß, den diversen Linien und Formen mit dem Auge zu folgen. Besonders schön ist die frei schwebende Mittelkonsole mit Bedienelementen für die Klimaautomatik, die aus drei Displays besteht. Raum gibt es auf allen Plätzen genug, obwohl der I-Pace gerade mal 4,7 Meter in der Länge misst. Wie beim Mercedes EQC gibt es zwei Motoren, je einen an der Vorder- und an der Hinterachse, was den I-Pace zum Allradler macht. So gelingt es ihm, in nur 4,8 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Die Reichweite hängt stark von der Fahrweise ab, aber wer sparsam unterwegs ist, der kommt auf etwa 470 Kilometer. Jaguar ist mit dem I-Pace ein großer Wurf gelungen, denn er ist der Beweis dafür, dass Elektromobilität nicht nur klinisch rein, sondern auch aufregend sein kann. Das Design sowohl innen sowie außen schmeichelt dem Auge des Betrachters. Und der starke Antrieb sorgt für Schmetterlinge im Bauch. Beim Gesamtkonzept hat man das Gefühl, dass hier ein wenig Perfektion zugunsten von Charakter geopfert wurde. Dafür kam am Ende ein begehrenswertes automobiles Stück heraus, das sich allerdings nicht jeder leisten kann: Ab rund 78.000 Euro ist der Schönling zu haben. Dennoch, wir stehen auf ihn und küren den Jaguar I-Pace zum Buddy Car 2019. /// www.jaguar.de

 

Text: Martin Lewicki