BUDDY CAR OF THE YEAR 2020
Innerhalb weniger Monate hat die Fridays-for-Future-Bewegung die politische Landschaft verändert. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind die Top-Themen der jungen Generation – und das lassen sie mit ihren Demos und Aktionen die Politiker wissen. Das hat auch Auswirkungen auf die Automobilbranche, denn die Demonstranten sind die Kunden von morgen. Und diese wollen keine „Dreckschleudern“ mehr, sondern Autos, die man guten Gewissens fahren kann.
Auch unsere Auswahl für die Kandidaten zum Buddy Car of the Year 2020 wurde von der Umweltbewegung beeinflusst. Von den sechs ausgesuchten Fahrzeugen hat nur ein einziges noch einen konventionellen Verbrennungsmotor. Doch dem Lexus LC 500 Cabrio mögen wir es verzeihen, schließlich ist es ein exklusives Nischenmodell, kein Kilometerfresser, sondern ein Genussmobil für ein paar schöne Ausfahrten.
Ansonsten dreht sich momentan alles um den raschen Umstieg auf die E-Mobilität. Volkswagen bringt nach dem Kompaktmodell ID.3 mit dem ID.4 einen vollelektrischen SUV auf den Markt. Mazda wagt einen ersten Versuch mit dem SUV-Coupé MX-30. Ford greift beim Design in die Retro-Kiste und holt den Mustang Mach-E hervor, der an den kultigen Ami-Sportwagen der Marke erinnern soll. Honda bringt mit dem kleinen e den momentan wohl coolsten Kompakten. Und Mercedes interpretiert mit dem Vision EQS die Luxusklasse neu.
ZUM FLANIEREN – MAZDA MX-30
Mazda ist wie viele andere Automobilhersteller erst jetzt auf den Zug der E-Mobility aufgesprungen. Zum Glück ist es noch nicht zu spät. Ein erster Versuch ist der Mazda MX-30. Wie so oft bei Aufbrüchen zu neuen Ufern, hat man sich auch hier etwas ganz Besonderes getraut: Der MX-30 ist ein Lifestyle-SUV mit Coupé-Charakter.
Die hinteren Türen sind nahezu unsichtbar in die Karosserie integriert und unkonventionell rechts angeschlagen, wie man es nicht nur von dem E-Pionier BMW i3 kennt, sondern auch von dem Kult-Mazda RX-8. Das sieht cool aus, ist aber weniger praktisch, da man sie nur öffnen kann, wenn die vorderen Türen geöffnet sind.
Ebenfalls vom i3 inspiriert scheint der Innenraum. Hier werden zum Teil vegane und recycelte Materialien verwendet wie beispielsweise Kork. Doch nicht nur ein nachhaltiger Geist weht durch das Cockpit. Digitale Displays und Connectivity sind obligatorisch.
Eigentlich passt der MX-30 mit seinem Charakter perfekt zum Zeitgeist. Die Batterie ist im Vergleich zur Konkurrenz allerdings relativ klein ausgefallen und bringt nur 200 Kilometer Reichweite –im besten Fall. Wem das zu wenig ist, der kann einen sogenannten Range-Extender bestellen. Dabei handelt es sich um einen kleinen Wankelmotor, der die Batterie mit Extraleistung versorgt. Wer sich jedoch vorrangig im urbanen Raum bewegt, der sollte auch mit der normalen Elektroreichweite locker zurechtkommen. / www.mazda.de
DER ALLROUNDER – VW ID.4
Während der ID.3 sozusagen der Golf der Zukunft ist, ist der ID.4 eine Art elektrischer Tiguan, also einen SUV-Charakter haben. Volkswagen agiert damit sehr clever und bietet seiner Stammkundschaft, die bislang zu den Top-Sellern Golf und Tiguan gegriffen hat, die entsprechenden Modelle für die E-Zukunft an. Im Gegensatz zum ID.3 gibt es den ID.4 mit Allradantrieb, womit auch Kunden abseits von Großstädten und in bergigen Regionen bedient werden. Ansonsten basiert der ID.4 auf derselben Plattform wie der ID.3. So gibt es wenig Überraschungen bei der verbauten Technik: Von den Assistenzsystemen bis zum Infotainment wird man hier die gleichen Optionen haben.
Der Wegfall eines Benzinmotors bedeutet auch ein Plus im Innen- und Kofferraum. Wer also öfter mit mehreren Personen unterwegs ist oder ein Hobby mit hohen Transportansprüchen betreibt, der sollte hier einen idealen Partner finden. Eine Schnellladefunktion sorgt schon nach dreißig Minuten für einen zu achtzig Prozent gefüllten Akku. / www.volkswagen.de
FÜR FEINSCHMECKER – LEXUS LC 500 CABRIO
Während der japanische Autoriese Toyota die Wünsche der meisten Käufer gut bedient, ist die Edelmarke des Konzerns für die besonderen Bedürfnisse anspruchsvoller Kunden zuständig. So leistet sich Lexus auch den Luxus, echte Nischenmodelle auf den Markt zu lancieren. Klasse statt Masse lautet hier das Credo. Die neuste Kreation des Hauses ist das LC 500 Cabrio. Schon das Lexus LC Coupé ist eine Rarität, wer sich aber in Zukunft für das Cabrio entscheidet, der wird wohl eines der am seltensten verfügbaren Fahrzeuge auf deutschen Straßen bewegen.
Das LC 500 Cabrio bietet aber noch weitere Kaufargumente – beispielsweise das Design. Es verkörpert Sportlichkeit und Eleganz in einer selten so geglückten Harmonie. Das gelingt sonst nur Edelmarken wie Aston Martin oder Bentley. Lexus verleiht dem Cabrio aber einen Schuss technischer Coolness made in Japan. Dazu gibt es ein faltbares Soft-Top als optisches Bekenntnis zum Cabrio.
Ein wenig aus der Zeit gefallen ist der Antrieb: Es ist ein V8-Benziner ohne Turbolader, dafür mit fünf Litern Hubraum. So etwas wird kaum noch gebaut, weil es heutzutage nicht mehr effizient genug ist. Doch gilt diese Motorbauweise als eine für Feinschmecker mit Benzin im Blut. Vibrationsarm, mit warmem Klangcharakter und sämiger Kraftentfaltung, unterstützt von einer Zehngang-Automatik, echtem Antriebsluxus also. / www.lexus.de
MUSCLE CAR RELOADED – FORD MUSTANG MACH-E
Dieser Name sagt nicht nur Autoenthusiasten was: Ford Mustang. Es ist der amerikanische Sportwagen schlechthin. Besonders durch seine Erschwinglichkeit und sein attraktives Äußeres wurde er zum Kassenschlager. Die Erfolgsgeschichte ging bereits in den 1960er-Jahren los und hielt lange an. Doch die Zeiten haben sich geändert. Bollernde V8-Muscle-Cars sind nicht mehr en vogue.
Die weltweite Kundschaft will hauptsächlich SUVs – und jetzt auch noch mit E-Antrieb. Doch Ford will nicht irgendein weiteres Produkt dieser Art auf den Markt werfen, sondern den Kunden einen Hauch der glorreichen Muscle-Car-Ära vermitteln. So scheint die Idee zum Mustang Mach-E entstanden zu sein. Besonders die Rückleuchten erinnern an den Original-Ford-Mustang. Der Rest des Designs ist modern interpretiert. Dazu gibt es ein Glas-Panoramadach für schöne Aussichten.
Wer zum Topmodell GT Performance greift, der bekommt gleich mehrere Fahrmodi dazu. Die verschiedenen Fahrprogramme verändern nicht nur die Dämpfung, Lenkung und Beschleunigung, sondern auch den Klang. Im sportlichsten Modus wird ein künstliches Geräusch wie beim Abflug eines Jets generiert. Ziemlich abgefahren. So geht es dann von null auf hundert in gerade mal vier Sekunden. Die maximale Geschwindigkeit soll bei 200 km/h liegen. Wer es etwas ruhiger angehen lässt, der kommt bis zu 600 Kilometer weit. / www.ford.de
FUTURE CAR OF THE YEAR 2020 – MERCEDES-BENZ VISION EQS
Die Mercedes S-Klasse ist der Inbegriff des automobilen Luxus. Eine viertürige Limousine mit opulenten Platzverhältnissen und allerlei technischen Leckerbissen. Kein Wunder, dass jede neue S-Klasse den Titel des besten Autos der Welt anstrebt. Aber die S-Klasse stammt aus einer alten Welt, wo Luxus sich eben auch über dicke Motoren definierte. Damit der Mythos der S-Klasse den Sprung in die grüne Zukunft schafft, stellt ihr Mercedes schon bald eine elektrisierte Alternative zur Seite. Vorab gab es für Liebhaber und Zukunftsorientierte bereits die Studie Vision EQS zu sehen.
Die dicken Motoren von gestern wurden durch effiziente E-Maschinen ersetzt, die an der Vorder- und Hinterachse angebracht sind. Die gemeinsame Leistung liegt jenseits von 400 PS und ist damit mehr als genug für einen lässigen Vortrieb. Da der Vision EQS auf einer völlig neuen Plattform für E-Fahrzeuge von Mercedes basiert, ist die Reichweite mit bis zu 700 Kilometern herausragend gut.
Und wie es sich für eine Vision gehört, wird technisch nur das Beste geboten: Vom aktiven Luftfahrwerk bis zu Allradlenkung und autonomem Fahren in bestimmten Fahrsituationen ist fast alles an Bord, was derzeit bei Mercedes möglich ist. Der Vision EQS hat alles, was ein Traumwagen der Zukunft haben sollte, und verdient sich damit unseren Titel des Future Car of the Year 2020. / www.mercedes-benz.de
GEWINNER
DER CITY-HOPPER – HONDA E
Es gab mal eine Zeit vor dem SUV-Boom. Eine Zeit, als kleine Autos noch das Stadtbild prägten und Stadtflitzer wie Honda Civic die Straßen bevölkerten. Klein, wendig, cool. Doch irgendwann fingen die Menschen an, sich dicke SUV-Schutzhüllen zuzulegen, und eroberten mit den kleinen Panzern die Großstädte. Irgendwie absurd, diese Brocken in der Stadt, doch ihr Erfolg war nicht aufzuhalten.
Dass es einen Weg zurück gibt, zeigt Honda mit dem kleinen e. Ein Elektro-Stadtflitzer, wie ihn sich viele Autofans erträumten. Optisch ist er eine Hommage an den legendären Civic und mixt Knuffigkeit mit Coolness, Retro-Elemente mit moderner Technik. Die runden Augen leuchten mit LEDs, die Rückspiegel wurden durch Kameras ersetzt, und im Innenraum gibt es einen persönlichen digitalen Assistenten. Überhaupt: der Innenraum. Eigentlich ist er das wahre Highlight dieses sympathischen Winzlings mit gerade mal 3,90 Meter Länge. Dem Fahrer und Beifahrer offenbart sich eine ganze Display-Landschaft. Diese erstreckt sich quasi als Band von links nach rechts über das gesamte Cockpit.
Mit einer Leistung von 136 oder 154 PS ist der Honda e zwar kein Sportler, aber für flottes Vorankommen in der Stadt reicht es aus – zumal der Honda mit seiner Reichweite von maximal 220 Kilometern tatsächlich eher für den urbanen Raum gemacht ist. Wer schnell nachladen muss, der schafft es in dreißig Minuten wieder auf achtzig Prozent der Akkukapazität.
Der Honda e passt als kleiner Eco-Flitzer perfekt in die Zeit der Fridays-for-Future-Bewegung. Elitärer Protz ist hier fehl am Platz – Bescheidenheit ist angesagt. Und weil uns das sehr sympathisch ist, küren wir den Honda e zum Buddy Car of the Year 2020. /// www.honda.de
Text: Martin Lewicki
Schlagworte: Buddy Car of the Year, Design, Ford, Honda, Lexus, Mazda, Mercedes-Benz, Mobility, VW