DAMN SEXY
Drei automobile Kopfverdreher im Test: Es gibt Autos, die einem den Kopf verdrehen, jenseits rationaler Erklärungsversuche. Sie sehen zum Niederknien aus, jede Berührung löst ein Kribbeln im Bauch aus, und ein Abenteuer mit ihnen bleibt ein unvergessliches Erlebnis. Sie zu besitzen ist eine Frage der Kompromissbereitschaft und des Geldes, denn sie erfordern viele Zugeständnisse und sind oft ein teures Vergnügen. Doch der Spaß mit ihnen und die Schmetterlinge im Bauch entschädigen für alles: im Opel GT, Audi TT Roadster und Alfa Spider.
MACHO, MACHO MAN
Man kann ihn einfach nicht übersehen. Momentan gibt es kein anderes erschwingliches Auto, das so bestaunt wird wie der neue Opel GT. Jungs und Männer jeden Alters können sich seiner Präsenz nicht entziehen, denn das Ding sieht aus, als wäre es mit Testosteron gedopt. Egal ob von vorne, von hinten oder von der Seite: Der GT hat die Ausstrahlung eines Sixpacks auf Rädern. Der Inbegriff von einem Sportwagen kauert breit und flach auf der Straße, mit langer Schnauze, grimmigem Gesichtsausdruck und knackigem Hinterteil, natürlich inklusive fetter Auspufftöpfe. Über der Fahrgastzelle spannen sich eine Art Hotpants. Es müssen welche sein, so sexy und knapp wie das Stoffverdeck sitzt … Jetzt aber runter mit dem Höschen! Klingt einfach, doch der GT ziert sich ein wenig. Erst den Kofferraumdeckel öffnen, dann die Verdeckverriegelung lösen, dann aussteigen und das Verdeck in den Kofferraum falten, und schließlich den Kofferraumdeckel mit viel Schwung zuklappen. Fertig. Da das Prozedere andersrum genauso kompliziert abläuft, überlegt
man es sich schon bei leicht bewölktem Himmel lieber zweimal mit dem Ausziehen. Das größte Problem beim GT lautet aber: Kofferraumvolumen und Ablagemöglichkeiten. Beides ist kaum vorhanden oder kaum nutzbar. Ist das Dach geöffnet, passt in den Kofferraum eine halb gefüllte, luftleere Sporttasche. Ist das Dach geschlossen, verbessert sich die Lage nur unwesentlich, da genau aus der Mitte des Kofferraums der Kraftstofftank ragt. Im Innenraum gibt es neben dem Handschuhfach und einem umständlichen Fach zwischen den Sitzen keine weitere Ablagemöglichkeit für Handy, Schlüssel, Portemonnaie oder ein Parkticket – was soll denn das? Aber, der GT ist in erster Linie nicht für den Alltag, sondern für die Sinne gemacht. Und die versteht er zu betören wie kaum ein Zweiter. Er geht ab wie eine Carioca auf dem Karneval in Rio. Laut schnaubend, tief brüllend und kraftstrotzend schießt er nach vorn, als gelte es seine ganze Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Dabei wackelt er gerne mit seiner sexy Hüfte und lässt die Reifen bei jeder Gelegenheit unverschämt quietschen. Natürlich macht es enorm viel Spaß mit so einem Energiebündel unterwegs zu sein, aber manchmal hat man das Gefühl, dass er vor lauter Kraft kaum laufen kann. Vor allem bei Nässe muss man die 265 Pferdchen richtig zügeln, damit sie einem nicht entgleiten. Der GT ist nun mal ein Sonnenanbeter.
YES SIR, I CAN BOOGIE
Ein ungezügeltes Enfant terrible mit Ecken und Kanten wie der Opel GT ist zweifelsohne ein heißer Verführer. Doch in Wirklichkeit wollen wir alle das und noch viel mehr: jemanden mit Stil und Klasse, mit Charme und Understatement, temperamentvoll und dennoch gezügelt, mit einem anbetungswürdigen Äußeren und einem Inneren zum Dahinschmelzen. Ja, es gibt ihn – und er ist käuflich: der neue Audi TT Roadster. Jeder Blick, jede Annäherung und jede Berührung lösen Gänsehaut aus. Unglaublich wie er geformt ist, als käme er direkt von der New Yorker MoMa-Ausstellung. Faszinierend auch die Optik und Haptik im Innenraum, als hätte Louis Vuitton höchstpersönlich Hand angelegt. Die exzellente Materialauswahl, die passgenaue Verarbeitung, die peniblen Nähte der Lederausstattung, die weiche Polsterung der Armauflagen, die fein einrastenden Knöpfchen, alles scheint so, als hätten die Konstrukteure von Audi die Wunschlisten von detailverliebten Roadsterfetischisten abgearbeitet. „Ausziehen, ausziehen, ausziehen“ möchte man ihm am liebsten zurufen, wenn er sein eng anliegendes Oberteil trägt. Im Gegenteil zum GT lässt sich der TT nicht lange bitten: Mit einem Fingerschnips verschwindet das geräuschisolierte Verdeck vollautomatisch (optional) in zwölf Sekunden. Aber das Beste: Der Striptease lässt sich selbst bis 50 km/h spektakulär während der Fahrt zelebrieren. So wird jeder einzelne Sonnenstrahl eingefangen, auch wenn er nur zwischen zwei Ampelphasen liegt.
Viele kleine Ablagen im Innenraum sowie ein relativ großzügiger und ebener Kofferraum machen den TT absolut alltagstauglich. Im Vergleich zum puristischen Opel GT kann man mit dem TT Roadster ganz normal Einkaufstüten transportieren oder sogar verreisen, ohne das Gepäck vom Paketdienst liefern lassen zu müssen. Doch das Wichtigste beim Roadster ist das Fahrerlebnis. Auch hier erzeugt der TT Hochgefühle mit seinem hochmodernen 2-Liter-Turbomotor in Verbindung mit der optionalen automatischen DSG-Schaltung. Vollkommen ruckfrei und unaufgeregt schüttelt er seine 200 PS locker aus dem Ärmel. Mühelosigkeit und Coolness ist der prägende Eindruck, den der TT hinterlässt. Vollkommen unbeeindruckt zeigt er sich auch von Kurven jeglicher Art, die er dank seines elektromagnetisch gesteuerten optionalen Magnetic-Ride-Fahrwerks geradezu sklavisch ohne die geringste Kursabweichung durcheilt. Das alles wird von einem wohlkomponierten, dumpfen Auspuffsound begleitet, der laszive Auspuffknaller bei Gangwechseln produziert … Yes sir, I can boogie!
TI AMO
Wem der Opel GT zu wild und zu unpraktisch und der Audi TT zu uncharismatisch erscheint, der wird mit dem Alfa Spider glücklich. Alfa fährt man nicht, Alfa lebt man. Der Spider begeistert vor allem mit seinen ästhetischen Reizen, denn er kommt nicht nur einfach aus Italien, er verkörpert Italien. Wunderschön verspielt und gleichzeitig schnörkellos mit cremig fließenden Formen, absolut stilsicher und dennoch leger verzaubert er den Betrachter. Wer Alfa fährt, hat Geschmack und eine mediterrane Lebenseinstellung. Alfisti lassen sich von kleinen Macken nicht einschüchtern, denn die
machen einen Alfa erst richtig liebenswert. Der Spider piept. Jeder Fehler des Fahrers wird mit einem Piepton bestraft – so denkt man zunächst. Doch dann merkt man, dass der Italiener nicht nerven will, sondern es seine fürsorglich herzliche Art ist. Nach ein paar Tagen fängt man an mit seinem Spider zu reden, bedankt sich für seine Hinweise auf dem Tacho-Display, entschuldigt sich für die eigene Unachtsamkeit und freut sich über jeden weiteren Piepton. Das gut gedämmte, vollautomatische Verdeck des Spider funktioniert einwandfrei und die 185 PS des modernen 2.2 JTS Motors reichen aus, um flott voranzukommen, wobei sie natürlich nicht den Turbobums der aufgeladenen Motoren von GT und TT bieten. Dafür erhebt der Italiener gerne seine heiser-rauchige Stimme, wenn man ihm die Sporen gibt, und verdreht so manchem Passanten den Kopf.
Wenn es eine Sache gibt, die man beim Spider nicht braucht, dann ist es das automatisierte Schaltgetriebe namens Selespeed: zu langsam, zu ruppig und zu ungehorsam – da kann man sich die 1.150 Euro Aufpreis sparen und den Spider mit 6-Gang-Schaltgetriebe bestellen. Stattdessen lieber das Bose-Soundsystem sowie die Audioanlage mit MP3-Player-Funktion ordern. Letztendlich fährt man einen Alfa nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen. Gerade die Abwesenheit technisch kühler Perfektion verleiht ihm fast schon menschliche Züge und macht ihn unvergleichlich sympathisch. Und so kultiviert wie der neue Spider war keiner zuvor. /// www.opel.de / www.audi.de / www.alfaromeo.de
Text: Martin Lewicki
Schlagworte: Alfa Romeo, Audi, Auto, Design, Mobility, Opel