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ZWISCHEN TRADITION
UND MODERNE
„Im Allgemeinen gilt der Florentiner als Spaßvogel,
der gerne lacht und andere zum Lachen bringt.“
27. Juli 2009

ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE

Florenz hat es verstanden, sich im Laufe der Jahre gegen Bauwut und Zerstörung zu verteidigen und sein Stadtbild zu bewahren. Was die meisten Besucher hierher lockt, ist eine Mischung aus wundervoller Landschaft und kulturellen Schätzen, die von ihren stolzen Einwohnern gebührend gepflegt werden. Ein Beispiel ist die berühmte Anhöhe mit dem Piazzale Michelangelo, die einen atemberaubenden Blick auf die ganze Stadt und die milde Hügellandschaft rundherum bietet. Doch Florenz ist nicht nur eine Kunststadt, sondern ein Hauptzentrum des Stils, des guten Geschmacks und des guten Lebens.

 

DIE STOLZEN FLORENTINER

Florenz hat eine lange Geschichte hinter sich, die auf die Etrusker und die alten Römer zurückgeht, die die Gegend kolonisierten und sie „Florentia“ nannten. In Florenz haben die berühmten Renaissance-Maler Cimabue und Giotto das Licht der Welt erblickt. Auch Lorenzo de Medici, genannt il Magnifico (der Prächtige) wurde hier geboren. Er verhalf seiner Stadt, zur größten politischen und kulturellen Macht aufzusteigen. Die von ihm gegründeten Kunstakademien und das eingeführte Bankensystem machten aus dem Florenz von damals eine der bedeutendsten europäischen Städte – lange bevor es zur Hauptstadt des italienischen Königreiches zwischen 1865 und 1871 wurde. Aber eine Reise nach Florenz bedeutet viel mehr als nur einen Besuch der üblichen Ecken, die man von Ansichtskarten kennt. Sie bietet auch Gelegenheit, die Einheimischen und ihre Kultur, Lebensweise und Gewohnheiten kennenzulernen. Am schönsten wäre es, die Stadt mit den Florentinern zu erkunden, aber mit denen kommt man gar nicht so leicht in Kontakt. Der Massentourismus macht, wie es so oft der Fall ist, die Stadtbewohner etwas verschlossen und misstrauisch gegenüber den Urlaubern.

DIE STADT VON GESTERN

Wenn man Florenz zum ersten Mal besucht, ist der ideale Startpunkt der Forte Belvedere, eine Festung der Familie de Medici. Nicht gegen feindliche Angriffe, sondern zur Kontrolle der Stadtbevölkerung wurde sie von den nicht gerade beliebten Monarchen errichtet. Von hier aus kann man einiges über die Struktur und die Entwicklung der Stadt erfahren. Beginnt man die Beobachtungsrunde am Ponte Vecchio (Alte Brücke), der auf römische Zeiten zurückgeht, erkennt man das Gassennetz des Dante-Vierecks ebenso wie die Erweiterung aus der Renaissancezeit, die Linien der großen Alleen aus dem 19. Jahrhundert und die Ausdehnung der letzten Jahrzehnte. Von diesem Aussichtspunkt aus sieht man die Kuppel des Brunelleschi, ein Wunderwerk alter Baukunst, den Arnolfo-Turm des Palazzo Vecchio und die Kirchen Santa Maria Novella und Santa Croce. Vom Forte Belvedere aus kann man den steilen Hang von St. Giorgio hinunterlaufen und im Nu den Ponte Vecchio erreichen. Über die Alte Brücke verläuft der Corridoio Vasariano, ein überdachter Gang von über einem Kilometer Länge, der den Palazzo Vecchio mit dem Palazzo Pitti verbindet. Die Familie Medici gab 1565 den Bau in Auftrag, um sich im Notfall schneller in Sicherheit bringen zu können. Der Vasarikorridor bietet einen filmreifen Blick auf den Fluss Arno und die Kirche Santa Felicita und beherbergt wertvolle Kunstsammlungen. Weiter geht es in das mittelalterliche Gassengewirr aus der Zeit Dantes, als Florenz eine freie und selbstständig regierte Stadt war. Am Haupteingang des Palazzo Vecchio thront auf ihrem Sockel eine Kopie von Michelangelos David. In einem kleinen Porträt, das ein Jünger von Michelangelo in einen Steinblock rechts vom Eingangstor gehauen hat, ist Michelangelo selbst verewigt. Darin arbeitet er an seinem majestätischen David, dem heutigen Höhepunkt der Sammlung in der Galleria dell’Accademia. Es empfiehlt sich, langsam durch die engen Gassen zu schlendern und die Begegnung mit dem lebhaften Hauptplatz Piazza della Repubblica hinauszuzögern. In den Augen vieler Einwohner ist er ein Stück Turin, das man an dieser Stelle hat wieder aufbauen wollen, als die Hauptstadt Italiens aus dem Piemont in die Toskana versetzt wurde.

DIE STADT VON HEUTE

Jetzt aber ein Blick in die Gegenwart, auf das Florenz von heute, das nicht nur gesehen, sondern auch und vor allem gekostet werden will. Essen in Florenz heißt, sich von dem Geschmack der toskanischen Küche verführen zu lassen, von ihren berühmten Vorspeisen, ihren Brotsuppen und ihrem „Bistecca alla fiorentina“, dem gegrillten Beefsteak, das angeblich hier zum ersten Mal nach Florentiner Art zubereitet wurde. Ein Restaurant, wo man die Kochkunst der Stadt am besten wertschätzen kann, ist ohne Zweifel der Club Cavalli an der Piazza del Carmine. Es gehört dem Modedesigner Roberto Cavalli, einem gebürtigen Florentiner. Es ist ihm zu verdanken, dass die einst heruntergekommenen Andachtsräume neben der Kirche Santa Maria del Carmine mit den berühmten Fresken von Masaccio und Masolino heute wieder in voller Pracht erstrahlen. Der Club Cavalli wurde im Dezember 2008 eröffnet und präsentiert sich wie ein Lokal zwischen dem Heiligen und dem Profanen, das sich im Laufe des Tages verändert und verschiedene Formen des Zusammenseins annimmt: Zum Teil Bar, zum Teil Restaurant mit moderner Küche, die jedoch an die kulinarische Tradition der Region anknüpft, bietet der Cavalli Club auch Raum für Aufführungen, Veranstaltungen und Konzerte.

 

Und last but not least: Florenz ist auch gleichbedeutend mit Stil! Die beste Zeit, um der Stadt einen Besuch abzustatten, ist während der PITTI UOMO. Alljährlich findet hier die Modeschau Mitte Januar und Mitte Juni statt. In diesen hitzigen Wochen verwandelt sich Florenz in eine Hauptstadt der Mode, wo es vor lauter Designern, Models und Fachleuten nur so wimmelt. Die Modenschauen sind wichtige Events, für die der Stadtrat seine besten Locations zur Verfügung stellt, wie etwa den wunderschönen und renommierten Salone dei Cinquecento (den Saal des Rates der 500) im Palazzo Vecchio am Platz der Signoria. Die Pitti Uomo ist weit mehr als nur eine große Fashion Show. Sie wird begleitet von aufregenden Partys und kulturellen Veranstaltungen. Auf keinen Fall sollte man die Designausstellungen im ehemaligen Bahnhof Stazione Leopolda verpassen, den der Stararchitekt Gae Aulenti umgebaut hat. Wenn die Stadt so pulsiert, hat Langeweile hier gar keine Chance. /// www.firenzeturismo.it

 

Text: Mauro Galligari