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SAFARI!
Botswana
3. Juli 2020

SAFARI!

Wer beschließt, eine Safari zu machen, hat die Qual der Wahl. Es gibt inzwischen unzählige Veranstalter, die in mehreren afrikanischen Ländern für unterschiedlichste Ansprüche unterschiedlichste Abenteuer anbieten. Worauf gilt es zu achten? Zunächst sollte im Vorfeld geklärt werden, wie die Safari und die Unterbringung zu erreichen sind. Was bietet die Tour an Service und Komfort? Sind Tierbeobachtungen möglich? Wer viel Zeit hat, kann auch einfach ein Auto mieten und selber durch die Kalahari im Norden Südafrikas fahren, für kleines Geld in Tented Camps wohnen oder auf dem Dach seines 4×4 zelten und sich selbst versorgen. Tiersichtungen sind dann aufwendiger, aber das Wildnis-Feeling bleibt ungebrochen. Wer in Südafrika ist, wird meist auf eine der Lodges in diesem Land zurückgreifen und nach Port Elizabeth fliegen oder in den Krüger-Nationalpark. – Aber nichts kommt einer Safari in Botswana gleich!

Der Flughafen von Maun ist direkt von Kapstadt zu erreichen und wird auch als „Safari-Drehkreuz“ bezeichnet. Alle großen Anbieter empfangen hier internationale Passagiere. Wir sind erneut mit Wilderness unterwegs, die es wieder einmal schaffen, dass wir uns ganz weit weg doch zu Hause fühlen. Direkt bei Ankunft gibt es die Tickets für die Busch-Flüge und wir werden in eine gemütliche Lounge aus Holz am Rande des Flugfelds geleitet – klimatisiert, mit Erfrischungen und Wein ausgestattet, lässt es sich da gut warten und einstimmen auf die kommenden Tage, die bleibende Erinnerungen bereithalten werden. Die Zeit reicht, eine kleine Zigarre zu rauchen, bevor wir abgeholt werden und eine Propellermaschine besteigen. Ausgelegt für 14 Personen transportiert sie Gäste und Personal zwischen den Camps sowie Gepäck und frische Lebensmittel. Wir fliegen über Wasserlöcher und Elefantenherden, die deutlich aus der Luft zu sehen sind. Wasserlöcher? Diese sind es, die über tausende von Euros der Gäste entscheiden, denn wir sind in der Regenzeit da, dem europäischen Winter. Das bedeutet, es sind tagsüber nur gute 30 Grad statt 40 und es regnet – gelegentlich. Aber eben so viel, dass sich überall Wasserlöcher bilden, so dass sich die Tiere verstreut aufhalten. Im heißen Sommer trocknen die Wasserlöcher aus, und somit müssen alle Tiere an das berühmte Okavango-Delta kommen, um zu trinken.

Theoretisch sind die Tiere so leichter zu finden, in der Praxis bedeutet das aber auch tausende von Euros mehr für dasselbe Erlebnis, denn der botswanische Sommer ist Hochsaison. Und so sind wir auch fast die einzigen Gäste in den Camps, ein unbezahlbarer Luxus und die Chance auf eine personalisierte Safari. Wir bestimmen die Zeiten für die Game Drives, ob wir zum Lunch wieder ins Camp zurückkehren oder einfach den ganzen Tag im Busch bleiben. Nach einer kurzen Fahrt von der Landebahn zum Camp werden wir von einer Vielzahl freudig lachender Einheimischer begrüßt, die sich uns allen mit Namen und Handschlag vorstellen und ab sofort auch unsere Namen kennen. Über achtzig Menschen arbeiten im Camp und lesen uns jeden Wunsch von den Augen ab. Sie gehören mit Stolz zur Wilderness-Family, deren Uniform und Polos sie tragen und die ein wichtiger Arbeitgeber in ganz Botswana ist. Sie erzählen uns gerne von ihrem Land, wie es sich entwickelt hat und wie glücklich sie mit der Regierung sind, die kostenlose Bildung bietet … sehr zum Erstaunen der amerikanischen Gäste, das es so etwas gibt auf der Welt. Wir legen unser Gepäck ab und ziehen unsere Safari-Outfits an, denn nach dem Tee geht es gleich raus in die Wildnis. Das Vesper-Menü ist abwechslungsreich und reichhaltig: Es gibt Sandwiches, Limonade und vor allem einen Mandelkuchen wie von Oma, den wir lautstark preisen, was nicht ohne Folgen bleiben wird. Doch dann geht es erst mal vollgestopft hinaus in den Busch.

Die Wilderness-Camps besitzen die besten Fahrzeuge dazu: Toyotas Land Cruisers, offen mit maximal acht bis zehn Plätzen. Aber obwohl wir nur vier Leute im Camp sind, werden uns zwei Fahrzeuge mit Guides gestellt, sodass wir eben ganz alleine machen können, was uns interessiert. Und wir haben dieses Mal nur ein Ziel: Leoparden. Die geschmeidigen Katzen konnte ich bei meinen vier Safaris davor nie richtig sehen, und so bitten wir unseren Guide, sich auf die Suche zu machen. Tatsächlich halten wir immer wieder neben der Strecke an, um Spuren zu lesen, wir treffen auf Giraffen, ein paar Löwen, Gazellen und immer wieder große Herden von Elefanten, sogar mit einem kleinen Baby. Schon am ersten Abend kommen wir nah an einen Leoparden heran, der zuvor einen kleinen Kudu gerissen hat und nun in der Abendstimmung genüsslich futtert – das Geräusch der berstenden Knochen ist sicher nichts für Veganer, aber das ist ungebändigte Natur! Da unser Guide genau weiß, wie die Tiere sich verhalten, leisten wir der Dame zum Abendessen beim Schmatzen Gesellschaft und haben unsere Kameras im Anschlag, wenn das Unvermeidliche geschieht: Zur Nacht bringen Leoparden ihre Beute vor Aasfressern in Sicherheit. Unter dem Klicken der Auslöser schnellt die Katze den Baum empor, drapiert das schlaffe, abgezogene und angeknabberte Kudu in einer Astgabel und schleicht sich wieder runter, um sofort im Unterholz zu verschwinden und nach ihren Kindern zu schauen. Wir holpern mit dem Land Cruiser ins Camp zurück und genießen unser erstes Abendessen, das mit hervorragenden Zutaten einheimisch und gleichzeitig international auf höchstem Niveau zubereitet wird.

Alle Camps, die wir in den nächsten Tagen zu sehen bekommen, sind ein Traum. Das Erste mutet etwas luxuriöser an – mit Stahlverstrebungen, die die Holzbalken und das Reet halten –, die anderen sind urwüchsiger und naturbelassener. Nachhaltigkeit ist die Grundlage der Wilderness Group. Es werden vornehmlich natürliche Materialien verwendet, die sich in die Landschaft einpassen. Der Gebrauch von Plastik wird weitgehend vermieden, sodass jeder Gast eine Wasserflasche bekommt, die er auffüllen kann, und der Strom wird mit Solarpanels generiert – Sonne ist ja genug da. Am nächsten Tag gelingt uns noch eine spektakuläre Verfolgung. Wieder ist es der kluge Guide, der auf einen Schrei einer Antilope hört und uns aufklärt: Das ist ein Warnschrei – da muss ein Raubtier in der Nähe sein. Also suchen wir das Gebiet ab, bis wir schon bald einen Leoparden streunen sehen. Es handelt sich um ein Männchen. Und während wir es über Stock und Stein verfolgen, taucht eine Leopardin auf und wir werden Zeugen eines äußerst selten zu beobachtenden Balzverhaltens der Leoparden. Für lange Zeit können wir ihnen dank der Offroad-Eigenschaften des Land Cruiser folgen. Immer wieder hockt sich das Weibchen verführerisch hin, aber das Männchen will nicht so richtig. So vergehen die vier Tage wie im Flug in unserem Bungalow; einem auf Stelzen gebauten, großzügigen Zelt mit Fliegengitter ringsum und einer 15 Quadratmeter großen Holzterrasse davor, die auf einen Flussausläufer schaut. Am Vormittag des letzten Tages werden wir um 6 Uhr von einem Rascheln geweckt. Ein Elefant steht direkt vor unserem Bett und labt sich am Busch auf dem Termitenhügel – was für ein Schauspiel!

Wir werden so herzlich verabschiedet, wie wir begrüßt wurden. Jeder bekommt noch ein Lunchpaket mit auf den Weg, schließlich müssen wir ja dreißig Minuten zur Piste fahren und dann noch ungefähr sechzig Minuten mit der Propellermaschine nach Maun fliegen. Zu unserer großen Freude und als Krönung des unglaublich aufmerksamen Service der Wilderness-Crew haben sie uns ein zusammengerolltes Pergament mit in die Box gesteckt: Das Rezept des Mandelkuchens, damit wir immer ein bisschen Botswana-Wilderness zu Hause haben werden. ///

 

Text & Fotos: Vasco Pridat