-
-
-
 
INTERVIEW MIT
APNOETAUCHER NIK LINDER
Verdammt zur Entspannung:
8. April 2017

INTERVIEW MIT APNOETAUCHER NIK LINDER

Schon als Kind liebte Nik Linder das Wasser. Heute ist er einer der bekanntesten deutschen Apnoetaucher der Welt und schwimmt an den schönsten Orten der Erde mit Mantas, Haien und Killerwalen. Seit kurzem ist er außerdem Markenbotschafter für DAVOSA und hat gemeinsam mit der Uhrenmanufaktur ein eigenes Freediver-Modell entwickelt. Ob ihm da unten auch mal mulmig wird und wie es sich anfühlt, in 50 Metern Tiefe in völliger Dunkelheit zu schweben, verriet Nik im Interview mit Mate.

 

ALS WIR DIESEN INTERVIEWTERMIN VEREINBART HABEN, HAST DU DICH GERADE AUF EINE REISE NACH NORWEGEN VORBEREITET, WO DU MIT ORCAS SCHWIMMEN GEWESEN BIST. WIE WAR’S?

Ich habe gerade gestern erst ein YouTube-Video über die Reise hochgeladen. Ich bin zwar kein professioneller Kameramann, sondern nur der, der die Luft anhält (lacht), aber die Aufnahmen sind phänomenal. Die Bedingungen in Norwegen sind natürlich feindlich. Es ist saukalt, es weht ein starker Wind, es gehen Wellen und es ist dunkel. Du wachst da oben im Dunkeln auf und denkst: „Ach, jetzt bin ich aber früh aufgewacht.“ Dabei ist es schon 11 Uhr, dann dämmert es kurz, und um 14 Uhr ist auch schon wieder Nacht. Man hat also nur zweieinhalb Stunden Dämmerlicht und taucht dann in Wasser, das wie Schwarz aussieht, weil es einfach so dunkel ist. Irgendwann erscheinen dann weiße Flecken im Wasser, die immer näher kommen. Das sind die Orcas.

 

HATTEST DU KEINE ANGST?

Nein. Obwohl ich schon viele Dokumentationen gesehen habe, die das sadistische Verhalten von Orcas zeigen – wie sie andere Tiere töten und sie gar nicht verwerten –, aber ich vertraue den Leuten, mit denen ich dann unterwegs bin, egal ob das auf den Bahamas ist mit Haien oder in Norwegen mit Orcas. Wenn man mir sagt, dass es sicher ist, dann glaube ich das auch. (lacht)

 

WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DIVING UND FREEDIVING ODER APNOETAUCHEN?

Im Diving oder Scuba Diving hast du ein Tauchgerät, das dir ermöglicht, lange unten zu bleiben. Es gibt dabei Grundzeiten zu beachten und du musst eine bestimmte Aufstiegsgeschwindigkeit einhalten. Das hast du beim Freediving nicht, bist aber dafür auf einen einzigen Atemzug limitiert. Das heißt, du atmest einmal ein und versuchst dann, deine Lunge effektiv zu nutzen und den dem Menschen angeborenen Tauchreflex. Wenn du abtauchst, kommt es darauf an, dass du dich möglichst energiesparend bewegst. Was man beim Apnoetauchen wirklich nicht gebrauchen kann, ist ein hoher Puls. Freediver sind quasi zur Entspannung verdammt. Ich sag immer, Apnoetauchen ist eine bewusste Reduktion, die aber nichts mit Verzicht zu tun hat. Du bist zwar auf diesen einen Atemzug limitiert, dafür ist die Interaktion mit den großen Tieren viel intensiver. Die fürchten sich nicht vor deinen Ausatemgeräuschen und du bist als Taucher in deiner Bewegung freier.

WIE LANGE KANNST DU DENN DIE LUFT ANHALTEN?

Beim Zeittauchen, also dem statischen Tauchen, schaffe ich 6,22 Minuten.

 

APNOETAUCHER KÖNNEN AUCH RICHTIG TIEF HINABSTEIGEN. WAS IST DEIN PERSÖNLICHER REKORD?

Die besten Apnoetaucher tauchen 130 Meter tief. Ich bin so bei 50 Metern. Durch meine Familie und meinen Job habe ich mich damals auf das Streckentauchen konzentriert. Beim Tieftauchen wurde ich zwar bei der deutschen Meisterschaft mal Dritter, aber ich war nie weltbewegend gut. Aber 50 Meter sind ja schon mal nicht schlecht.

 

DAS SIND IMMER NOCH 48 METER MEHR, ALS ICH SCHAFFE.

(lacht) Man kann sich immer noch verbessern.

 

WO KANN ICH FREEDIVING ERLERNEN? MUSS ICH DAZU ERST AN EXOTISCHE ORTE REISEN ODER GEHT DAS AUCH IN DEUTSCHLAND?

Nein, das geht natürlich auch in Deutschland. Ich selbst betreibe eine Apnoetauchschule in Freiburg, beziehungsweise biete auch Kurse in Köln und München an.

 

WIE BIST DU ZUM TAUCHEN GEKOMMEN?

Wenn du mit zwanzig Apnoetauchern sprichst, würden dir wahrscheinlich 18 davon sagen, dass sie inspiriert wurden durch den Film „Im Rausch der Tiefe“. Das ist bei mir nicht der Fall. Ich bin von klein auf im Schwimmverein gewesen. Das Streckentauchen bei Wettkämpfen war dabei immer meine Lieblingsdisziplin. Irgendwann habe ich festgestellt, dass es einen Verband gibt, der sogar Rekorde im Streckentauchen führt und sich AIDA nennt. Später habe ich in einem Tauchladen in Freiburg gearbeitet. Während dieser Zeit hat sich eine Gruppe von Apnoetauchern gebildet. Mittlerweile sind es, glaube ich, fünf Leute aus Freiburg, die bereits Rekorde getaucht sind.

 

WORIN BESTEHT DIE FASZINATION FÜR DICH?

Am Anfang stand für mich die Challenge im Vordergrund. Was kann ich erreichen? Was kann ich aus meiner Lunge herausholen? Was kann ich an meiner Technik verbessern? Es geht außerdem um die Entspannung beim Apnoetauchen. Du musst als Freediver in der Lage sein, deinen Puls in möglichst kurzer Zeit hinunterzufahren. Deshalb trainieren wir auch das Entspannen so häufig. Und dann ist da natürlich noch die dritte Komponente, die Begegnung mit den großen Tieren: nah dran zu sein und mit ihnen zu interagieren, wie man es als Kind zum Beispiel im Fernsehen gesehen hat.

 

GIBT ES LIEBLINGSSPOTS, AN DENEN DU TAUCHST?

Einer meiner Lieblingstauchplätze ist sicherlich die Türkei rund um Marmaris. Da sind wir einmal im Jahr mit dem Segelschiff. Es gibt zwar keine Fische, aber man muss nicht weit rausschnorcheln, weil das Wasser dort sehr schnell sehr tief wird. Trotzdem ist es warm und man hat eine tolle Sicht. Ich habe vorhin zwar gesagt, dass ich im Tieftauchen nicht herausragend bin, das bedeutet aber nicht, dass ich es nicht toll finde. Man arbeitet sich bis zehn, zwölf Meter runter – bis dahin hat man noch Auftrieb aus Sicherheitsgründen – und dann lässt man sich einfach fallen. Du hörst nichts mehr, du siehst nichts mehr und konzentrierst dich nur noch auf den Druckausgleich. Wenn die dominierenden Sinne ausgeschaltet sind, gleitest du in eine tiefe Meditation. Die Yogis, die die Atemtechniken erfunden haben, die wir beim Freitauchen verwenden, sprechen bei diesen Atem-Anhaltephasen von Atempause. Sie sagen auch, in dieser Atempause, in der du nicht mal mehr von deinem eigenen Atem abgelenkt bist, öffnet sich ein Fenster nach innen. Das stimmt auch. Wenn du nach unten tauchst und nichts mehr hörst und nichts mehr siehst, nimmst du deinen langsamer werdenden Herzschlag wahr und wirst sehr, sehr ruhig, während du nach unten gleitest. Das ist ein wahnsinnig schönes Gefühl.

SEIT EINIGER ZEIT BIST DU MARKENBOTSCHAFTER FÜR DIE UHRENMANUFAKTUR DAVOSA. WIE IST ES DAZU GEKOMMEN?

DAVOSA ist auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich nicht die Marke vertreten wolle. Ich fand das eine tolle Idee, denn Zeit spielt für Apnoetaucher immer eine Rolle. Ob das drei Minuten sind oder sechs ist egal. Man hat als Freediver Zeiten, an denen man sich orientieren muss. Die Marke passt außerdem sehr gut zu mir.

 

WELCHE DAVOSA TRÄGST DU SELBST?

Ich habe die Argonautic, trage im Moment aber nur die Apnea Diver, die ich mitentwickelt habe.

 

WIE WAR DAS FÜR DICH, PLÖTZLICH MODEL ZU SEIN?

Es war für mich nicht ganz neu, vor der Kamera zu stehen, da ich als Freitaucher schon einige Fernsehproduktionen mitgemacht habe. Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Überhaupt ist es natürlich toll, wenn man so schöne Bilder von einer Reise auch mit nach Hause nehmen kann.

 

DU HAST AUSSERDEM AN FLORIAN FISCHERS NEUEN KURZFILM „ABOVE & BELOW TIME“ MITGEWIRKT, DER AUCH VON DAVOSA UNTERSTÜTZT WIRD. ERZÄHL DOCH MAL!

Wir haben unter anderem in Mexiko gedreht und auf den Bahamas. Dort hatten wir wirklich unglaubliche Plätze zum Tauchen. Ein tolles Erlebnis. Und damit meine ich nicht nur die Tauch-Spots und die Tiere, sondern auch die Arbeit mit dem „Behind the Mask“-Produktionsteam. Florian Fischer ist wahnsinnig kreativ. /// www.nikolaylinder.de / www.behind-the-mask.com / www.davosa.com

 

Interview: Felix Just / Fotos Nik: Cedric Schanze / Fotos Uhren: Michael Margos

DIE APNEA DIVER

Die Apnea Diver wurde gemeinsam mit Rekordtaucher Nik Linder entwickelt. Der mehrfarbige Ring am Rand des Ziffernblattes entspricht den Farben Blau, Weiß und Rot, die beim Atemtraining verwendet werden: In der 5-sekündigen blauen Phase wird Luft geholt, dann wird sie 15 Sekunden angehalten (weißer Bereich) und anschließend über weitere 10 Sekunden ausgeatmet (roter Bereich). Die Apnea Diver kann mittels eines abklappbaren Rings einfach aufgestellt werden, ist bis 20 ATM wasserdicht und verfügt über Superluminova-Beschichtung, die das Ablesen auch unter Wasser und bei schlechten Lichtverhältnissen gewährleistet.