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DIE BETONTRÄUME
DES ALBERTO CAMPO BAEZA
„Dabei muten die Konstruktionen des Spaniers mitunter so fragil an, dass es einem vorkommt, als arbeite er mit Pappmaschee und nicht mit Beton.“
10. Januar 2017

DIE BETONTRÄUME DES ALBERTO CAMPO BAEZA

Infinite Concrete: Es gibt Menschen, die träumen von Ruhm und kreischenden Fans. Es gibt solche, die träumen von der großen Liebe und dem Glück der Zweisamkeit. Viele Menschen träumen davon, reich zu sein. Architekt Alberto Campo Baeza träumt von Beton. Und er ist nicht der Einzige. Aufgewachsen als Sohn eines Chirurgen wohnt ihm aber eine peinliche Präzision und Geradlinigkeit inne, die in der Welt der Baukunst einmalig ist. Einem Laser gleich fräst er steinerne Bastionen in die unwirtlichsten Landschaften. Dabei muten die Konstruktionen des Spaniers mitunter so fragil an, dass es einem vorkommt, als arbeite er mit Pappmaschee und nicht mit Beton.

Das Museum of Memory in Andalusien gehört zu diesen Arbeiten, die in Teilen der Statik von der Schippe zu springen scheinen und allen Gesetzen der Schwerkraft entsagen. Von außen gleicht das Gebäude zwei gigantischen Streichholzschachteln: Eine liegt flach auf dem Boden, die andere steht aufrecht. Als hätten Riesen sie zusammengeschoben, bilden sie einen perfekten rechten Winkel an der Stelle, an der sie zusammentreffen. Im Zentrum des Flachbaus befindet sich ein Hof und im Inneren des Hofs windet sich ein Wendelgang gen Himmel, so schlank, dass man Sorge bekommt, sie könnte jeden Moment unter dem Gewicht der durch das Museum wandelnden Besucher zusammenbrechen.

In zentralspanischen Toledo – früher Heimat der Römer und dank der Erzvorkommen im Umland lange Zeit bedeutende Siedlung der Region – steht ein weiterer betongewordener Traum auf einem Hügel, der die Stadt überblickt: Das Rufo House ist viel mehr eine Box, als ein Haus – eine große Box, aber eine Box. Nichts erinnert an die stereotype Form eines Hauses, wie Kinder es malen würden. Im Inneren des kolossalen Schuhkartons hat Baeza Platz für mehrere Zimmer und Löcher für ganz viel Glas gelassen. Bäume im Garten schützen vor den Blicken neugieriger Spaziergänger. Auf dem Dach steht ein kleinerer Schuhkarton, der eigentlich nur noch aus der Ober- und Unterfläche und zehn Streben besteht. Darin: ein noch kleinerer Karton aus Glas; ein Büro mit Blick auf den Pool, der in das Hauptgebäude eingelassen ist.

Baeza formt den Beton in seinem Kopf, wie andere Papier falten, und schafft aus seinen Ideen Museen, Häuser und: Räume für mehr Ideen. /// www.campobaeza.com

Text: Felix Just

 

10. Januar 2017 Design m #46 zum mate.style.lab