-
-
-
 
DER SCHUH, EIN
MIKROKOSMOS
„Deshalb gaben mir Schuhe die Antworten auf all meine Fragen. “
20. Januar 2008

DER SCHUH, EIN MIKROKOSMOS

Die jahrelange Zusammenarbeit von Stardesigner Mihara Yasuhiro und dem Sportartikelhersteller Puma gilt mittlerweile als legendär. Als sie im Jahr 2000 begann, fusionierten erstmals Sport und Fashion in der trendigen Sneaker-Kollektion PUMA MIHARAYASUHIRO. Entstaubt vom funktionalen Turnschuhimage wurde Puma plötzlich als eine coole Lifestyle-Marke wahrgenommen. Wir sprachen mit der Schuh-Ikone über seine Designphilosophie, die steile Karriere und über sein eigenes Label.

 

WÄHREND DEINER STUDENTENZEIT AN DER TAMA ART UNIVERSITY HAST DU DIR SELBST DAS SCHUSTERN BEIGEBRACHT. DEIN ERSTES LABEL 1994 HIESS „ARCHI DOOM“. WARUM HAST DU GERADE MIT SCHUHEN ANGEFANGEN, WAS HAT DICH DARAN FASZINIERT?

Für mich besteht das Leben aus der Vergangenheit, der Gegenwart und allem, was die Zukunft widerspiegeln könnte. Die Vergangenheit reflektiert den Respekt gegenüber unserer Geschichte und unseren kulturellen Wurzeln und hat immer einen positiven Einfluss auf unsere Zukunft. Deshalb werden Kunst und Kultur unser Leben immer bereichern. Und genau diese Philosophie habe ich in Schuhen entdeckt. Schuhe sind sehr philosophisch. Sie fangen an ihre Geschichte zu erzählen, während sie von Hand gemacht werden. Sie erwachen zum Leben, wenn wir sie tragen, und sie sind sogar imstande uns in die Zukunft zu transportieren. Diese Kunst ist nicht nur philosophisch und poetisch, sondern auch real, weil man sie tragen kann, anstatt sie nur anzustarren. Deshalb gaben mir Schuhe die Antworten auf all meine Fragen.

 

WIE WÜRDEST DU DEINE PHILOSOPHIE BESCHRIEBEN?

Meine Philosophie bei der Entstehung eines Schuhs ist wie beim Bonsai. Wusstest du, dass die Bonsai-Kunst ein Teil der japanischen Kultur ist? Die Herausforderung liegt dabei darin, innerhalb eines kleinen Bäumchens einen Mikrokosmos zu schaffen, für den es oftmals viele Jahre braucht. Diese Miniaturwelt beruht auf einem lang währenden Schöpfungsprozess – und die dafür benötigte kosmische Sicht ist eine weitreichend psychologische. Während der Schuhkreation gibt es Grenzen und Vorgaben durch den vorgesehenen Verwendungszweck und die Architektur der Konstruktion. Dieser Rahmen ist Teil der Herausforderung, und die kosmische Sicht ähnelt dabei der Bonsai-Kunst.

 

BEREITS IN 2000 HAST DU ANGEFANGEN, ZUSAMMEN MIT PUMA SNEAKERS ZU ENTWERFEN. FÜR PUMA WAR ES DER ANFANG EINER ZUSAMMENARBEIT MIT MODEDESIGNERN, UM DER MARKE EIN LIFESTYLE-IMAGE ZU VERPASSEN. WAS WAR FÜR DICH DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG DABEI?

Sicherlich war es eine riesige Herausforderung für uns beide, sowohl hinsichtlich des Designs als auch geschäftlich. Ich will jedem Schuh eine Daseinsberechtigung geben, deswegen sollte er funktional, komfortabel und zugleich einzigartig im Design sein. Ich versuchte meine Designideen in Puma-Schuhe mit ihrem hochtechnologischen Ansatz zu transferieren. Das Resultat verhalf uns beiden zum Erfolg. Puma wurde plötzlich als eine coole Marke mit trendigem Design wahrgenommen, während ich die Möglichkeit hatte, ein viel größeres Publikum mit meinen Entwürfen zu erreichen.

 

HATTEST DU IMMER FREIE HAND BEI DEN ENTWÜRFEN?

Ja, was das Design betrifft war ich immer frei. Aber ich musste meine Arbeitsweise ändern. Am Anfang mochte ich keine Computer und ich hatte nie zuvor einen besessen. Doch es war die beste Art und Weise, Puma meine Entwürfe zu präsentieren, damit sie alle Details sehen konnten, ohne es in mehreren Sprachen erklären zu müssen. Mittlerweile bin ich ganz gut darin.

 

DU BIST IN NAGASAKI GEBOREN UND IN FUKUOKA AUFGEWACHSEN. DEINE MUTTER IST EINE ÖLMALERIN. WELCHEN EINFLUSS HATTE DEIN PRIVATES UMFELD ZU HAUSE AUF DEINE ARBEIT?

Meine Mutter ist eine abstrakte Künstlerin. Wenn ich also einen roten Apfel als einen roten Apfel gezeichnet habe, sagte sie zu mir, ich solle die Vorstellung von einem roten Apfel zeichnen. Diese Kommentare meiner Mutter haben noch immer einen großen Einfluss auf meine kreative Arbeit.

 

DEINE PUMA-KOLLEKTION IST BEKANNT FÜR IHRE AUSDRUCKSSTARKEN FARBKOMBINATIONEN UND IHR FUTURISTISCHES STROMLINIEN- DESIGN, WÄHREND DEINE MODE-LINIE (SEIT 1998) EINEN GRÖSSEREN WERT AUF MATERIALAUSWAHL LEGT. FOLGST DU BEI DEINER EIGENEN MARKE DER GLEICHEN PHILOSOPHIE UND SETZT DIE GLEICHEN PRIORITÄTEN?

Puma by Miharayasuhiro und Miharayasuhiro werden von zwei verschiedenen Persönlichkeiten entworfen – das höre ich zumindest manchmal. Ich genieße es wirklich, als Doppelpersönlichkeit durch die Welt zu gehen. Es gibt nicht nur einen Weg, als Designer seine Ideen zu verwirklichen. /// www.miharayasuhiro.jp

 

Interview: Joe Lim

20. Januar 2008 Fashion m #20 zum mate.style.lab