BANG
Mit mittlerweile 47 Jahren ist es für Jacobs nichts Neues mehr, die Leute zu schockieren. Mit viel Aufsehen wurde er von seinem ersten Job bei Perry Ellis gefeuert, als er eine Grunge-Kollektion produzierte. Aufgenommen von Modefotograf Juergen Teller bleibt auch seine Kampagne für BANG im Gedächtnis: Die zeigt einen nackten Jacobs auf einem Laken aus Silberfolie mit gespreizten Beinen und in eindeutiger Pose. Mit der Einführung von BANG nimmt der ehemalige Wunderknabe der amerikanischen Modeindustrie eine weitere Stufe auf dem Weg zur Weltherrschaft. Zu seinen beiden Modelinien und diversen Lifestyle- und Wohnaccessoires gesellt sich jetzt sein neuester Duft BANG, der nicht nur in den Marc Jacobs Geschäften in New York, London und Paris, sondern auch in ausgewählten Parfümerien in Deutschland erhältlich ist.
Die Idee zum Namen des neuen Herrenduftes kam Jacobs im Sportstudio – BANG erschien ihm kantig, einprägsam und war auch suggestiv sexuell. Und es wundert nicht, dass Jacobs beim Training schon viele seiner besten Ideen entwickelt hat. Nachdem er vor einigen Jahren seinen Lebensstil komplett geändert hatte – lange ließ er seine Gesundheit hinter seiner rasanten Karriere anstehen –, wurde er zum Muskelberg und trainierte täglich mit seinem Personal Trainer auf den perfekten Körper hin. Oft genug sind Designer selbst weit entfernt von der Illusion, die sie oder ihre Kampagnen schaffen, aber wenn Marc Jacobs nach einer seiner Shows den Laufsteg betritt, wird sein markantes Gesicht und sein stets stylishes Outfit zur Quintessenz des Image, das seine Kleidung auf die Straßen und roten Teppiche dieser Welt bringt. Er ist Marc Jacobs und er schafft es, genau so sein zu wollen – immer.
Jacobs Karriere begann in seiner Kindheit in einem Vorort in New Jersey, im Schatten von New York City. Mit 15 schuftet er als Regalarbeiter bei Charivari, einem avantgardistischen Bekleidungsgeschäft in New York, geht dann auf die Parson School of Design, steigt ein bei Perry Ellis und gründet 1986 das Label Marc Jacobs. Von dem Moment an erlebt er einen kometenhaften Aufstieg, gewinnt 1987 den Perry Ellis Award for New Fashion Talent und wird damit der jüngste Designer in der Geschichte des Preises. Weitere prestigereiche Auszeichnungen folgten, darunter 1994 auch der CFDA Women’s Designer of the Year Award. Im April 2010 wählte ihn das Time Magazine unter die einhundert einflussreichsten Menschen der Welt und machte ihn somit zum einzigen Designer in der Liste. Im Interview sagte Victoria Beckham über ihn: „Er verändert er unseren Blick auf Mode mit jeder Kollektion, die er präsentiert: ob für Louis Vuitton oder für sein eigenes Baby mit der Marc Jacobs Line, die er 1986 gestartet hat.“
Während seiner Laufbahn haben Jacobs’ radikale Designs nicht selten Trends und Maßstäbe gesetzt, aber auch seine Person selbst wurde zum Futter für die Presse. Sei es nun wegen seiner früheren Beziehung zu einem ehemaligen Stricher, seines Entzugs oder der Wiedergeburt – beziehungsweise je nach Blickwinkel auch Zerstörung – der geschichtsträchtigen Bleeker Street: Früher einmal das Zuhause von muffigen Antiquitäten- und Buchhändlern, ist die Häuserzeile nun eine kleine, eher bürgerliche Version der Fifth Avenue – mit entsprechend schwindelerregend hohen Preisen. Die Soho-Dependance des Marc Jacobs Store zu betreten ist, als betrete man einen Schrein an den lieben Modegott, wo ein T-Shirt schon mal 300 Dollar kostet und ein exklusiver Kaschmir-Pulli für 3.000 oder ein hübsches Paar schwarzer Sneakers für 440 Dollar über die Ladentheke gehen. Die Qualität der Materialien und die Verarbeitung aber ist herausragend, und die Kundschaft aus Investment-Bankern, Rappern und Filmstars wollen von Kopf bis Fuß in Marc Jacobs eingekleidet sein und nicht über die Preise nachdenken. Selbst eine Linie für Kinder hat Jacobs schon geschaffen, sodass wohlhabende Familien auch die lieben Kleinen in Designer-Klamotten stecken können.
Aber als wäre es nicht genug, die Modewelt zu dominieren, bewegt sich Jacobs auch sicher in der Kunstwelt, lässt Grenzen verschwimmen und bringt so manchen ins Grübeln, wo denn die eine Kunstform aufhört und die nächste beginnt. Er arbeitete zusammen mit Takashi Murakami, Richard Prince und vielen anderen. Spielerisch verbindet er beide Welten. Dem Interview Magazine verriet er kürzlich: „Künstler haben für meine Begriffe eine göttliche Inspiration. Ich bin Designer. Ich mache Kleidung und Taschen und Schuhe. In meinen Beruf treffe ich kreative Entscheidungen, aber ich bin nicht mit göttlicher Inspiration gesegnet, wie ein Künstler es ist.“ Seine Brillanz allerdings erstreckt sich bis auf die Verpackung seiner Produkte. Sein Duft BANG kommt in einer silber-metallenen Flasche, die vermeintlich von einer unsichtbaren Hand zerdrückt wurde. Verbeult und verformt sieht der Flakon selbst aus wie ein Kunststück, und der frische, lebendige Duft im Inneren scheint nur noch ein Bonus der Modegötter zu sein. 75 US-Dollar für BANG muten dann letztlich wenig an, ist man damit doch Teil der stetig wachsenden Welt von Marc Jacobs. /// www.marcjacobs.com
Text: David Waage
Schlagworte: Design, Fashion, Fragrance, Marc Jacobs, Portrait