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TRENDSPORTART CALISTHENICS
Body
13. August 2020

TRENDSPORTART CALISTHENICS

Der Begriff „Calisthenics“ oder auf Deutsch „Kalisthenie“ lässt sich aus dem Griechischen ableiten und bedeutet so viel wie „schöne Kraft“. Und genau darauf kommt es bei der Kalisthenie an: auf simple, rhythmische und zugleich intensive Eigengewichtsübungen. Typisch sind dabei Klimmzüge, Liegestütze, Rumpfheben oder auch die menschliche Flagge, die wohl zu den anspruchsvollsten Übungen gehört und bei der der Körper von einer Stange horizontal zum Boden gehalten wird. Im Grunde gibt es Kalisthenie schon so lange, wie es Eigengewichtsübungen gibt. Kalisthenie, wie wir sie heute kennen, entstand erst Anfang des 21. Jahrhunderts in New York. In den öffentlichen Sportparks begannen Sportler, herkömmliche Eigengewichtsübungen mit anderen Sportarten wie Turnen, Breakdance oder Freerunning zu kombinieren. 2011 wurde die erste Weltmeisterschaft für Kalisthenie in Riga abgehalten – sie findet bis heute jährlich statt. Gegen 2013 schwappte die neue Trendsportart auch allmählich nach Deutschland und Zentraleuropa über. Wie bereits erwähnt, wird grundsätzlich nur mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet. Gewichte werden nur selten zum Erschweren einzelner Übungen verwendet. Der Schwierigkeitsgrad wird mittels neuer Übungen oder neuer Übungsausführungen verändert, beispielsweise wechseln die Athleten nach einiger Zeit vom normalen zum einarmigen Klimmzug.

 

Wir haben zwei Profis, was sie an Calisthenics so fasziniert und welche Übungen eigentlich am härtesten sind.

SUPER, DASS ES GEKLAPPT HAT. STELLT EUCH BEIDE DOCH EINMAL VOR!

Paul: Gern! Ich studiere an einer Sporthochschule und mache den Bachelor in Sport und Leistung. Ursprünglich komme ich aus dem Schwimmen und bin dann später zum Krafttraining gekommen – habe auch mal Crossfit und Gewichtheben ausprobiert, aber irgendwie bin ich dann beim Turnen hängen geblieben. Also ja, ich mache Calisthenics, aber ich mache eben auch noch Übungen wie Kniebeuge oder Kreuzheben.

Eric: Ich studiere auch an der Sporthochschule, aber auf Lehramt. Ich komme eigentlich aus dem Wasserball und habe damals schon sehr viel von Krafttraining und Eigengewichtsübungen gehalten. Zusammen mit Paul habe ich vor drei Jahren unser Start-up „Die Ringe Bodyworkout“ gegründet.

 

WAS WAR DAMALS DER GRUND FÜR EUCH UMZUSTEIGEN? IHR HABT JA URSPRÜNGLICH ANDERE SPORTARTEN GEMACHT …

Paul: Ich habe die Ringe mal im Fitnessstudio gesehen, und anfangs dachte ich, dass man nur Klimmzüge und Dips daran machen könnte. Dann habe ich gemerkt, dass es da eigentlich viel mehr gibt und dass ich mein ganzes Training damit gestalten kann. Nach dem Abi bin ich auf Reisen gegangen und habe die Ringe einfach überallhin mitgenommen.

WIE WAR ES AM ANFANG FÜR EUCH? WAR DAS TRAINING SEHR SCHWER?

Eric: Dazu kann ich besser etwas sagen, da ich erst später eingestiegen bin als Paul. Ich habe auch schon jahrelang Krafttraining gemacht, aber das Gute an Calisthenics oder auch am Ring-Training ist eben, dass du mit jedem Leistungsstand einsteigen kannst. Man kann das Training so individuell gestalten, dass wirklich für jeden die passenden Übungen dabei sind. Insofern ist es also relativ einfach, damit anzufangen, solange man einen guten Trainingsplan hat.

 

WIE OFT TRAINIERT IHR PRO WOCHE?

Paul: Fast täglich, also sechs Tage die Woche.

 

VARIIERT IHR EUER TRAINING ODER MACHT IHR IM PRINZIP BEI JEDEM TRAINING DASSELBE?

Paul: Klar variieren wir die Übungen auch. Ein strukturierter Trainingsplan ist das A und O. Deswegen studieren wir ja auch Sportwissenschaften. Wenn du immer nur dieselben Übungen mit denselben Wiederholungszahlen machst, dann wirst du keinen Fortschritt haben, das ist kein progressives Training. Ein progressives Training sieht so aus, dass ich meinen Trainingsplan strukturiere, die Übungen austausche, Wiederholungszahlen steigere oder vielleicht auch die Komplexität der Übungen erhöhe. Nur so hat man langfristige Erfolge. Wenn ich beispielsweise immer nur Liegestütze und Klimmzüge mache, dann wird vielleicht in den ersten Wochen und Monaten was passieren, aber nach einer gewissen Zeit eben nicht mehr, weil ich einfach keinen neuen Reiz setze und somit auch keine Adaption im Muskel erfolgt.

BENUTZT IHR ZUSATZGEWICHTE?

Paul: Für den Oberkörper nicht. Für den Unterkörper machen wir Kniebeuge und Kreuzheben, also da benutzen wir Gewichte.

 

HABT IHR EINE ART LIEBLINGSÜBUNG?

Eric: Die beiden wichtigsten Übungen oder auch die Grundübungen im Ring-Training sind der Klimmzug und der Dip. Damit hast du im Prinzip schon mal den gesamten Drück- und Zugbereich abgedeckt. Wenn wir also mal eine Einheit haben, wo wir wenig Zeit haben und ein schnelles Training machen wollen, dann legen wir den Fokus auf diese beiden Übungen.

 

WO TRAINIERT IHR UND WAS MACHT IHR, WENN IHR MAL UNTERWEGS SEID?

Paul: Wir haben schon an den lustigsten Orten trainiert. An irgendwelchen Verankerungen von Gebäuden, an Bäumen oder an Fußballtoren kann man auch super die Ringe aufhängen, also wirklich an sehr verschiedenen Orten.

 

DA WIRD KEIN TRAINING AUSGELASSEN?

Paul: Ja genau, da wird kein Training ausgelassen! (lacht)

 

ACHTET IHR AUF EURE ERNÄHRUNG?

Eric: Wir zählen nicht jede einzelne Kalorie, die wir zu uns nehmen, aber wir achten darauf, dass wir uns gesund ernähren. Wenn ich einen Tag habe, an dem ich beispielsweise zwei Stunden im Wasser war und vorher noch Krafttraining gemacht habe, dann gehe ich nach meinem Hungergefühl. Ich versuche, viel Gemüse zu essen.

Paul: Bei mir ist es ähnlich. Ich zähle keine Kalorien, aber ich versuche, ungefähr einen Überblick darüber zu haben, wie viele Kohlenhydrate, Fette und Proteine ich zu mir nehme, damit ich auf meine 1,5 bis 2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag komme.

 

WIE SIEHT’S DENN MIT ALKOHOL UND RAUCHEN AUS?

Paul: Rauchen tun wir beide nicht. Alkohol selten, also vielleicht ein- bis zweimal im Monat.

 

NEHMT IHR SUPPLEMENTS ZU EUCH, UND WENN JA, WELCHE?

Paul: Also ich nicht. Ich habe zwar noch ein Whey Protein von früher, aber das nehme ich nicht mehr. Ich schaffe es, über die Ernährung meinen Eiweißbedarf zu decken.

Eric: Bei mir ist es genauso. Das Einzige, was ich noch zu Hause stehen habe, sind Omega-3-Kapseln, weil ich keinen Fisch esse, und da nehme ich dann ab und an mal eine zu mir.

 

ALSO WÜRDET IHR SAGEN, DASS SUPPLEMENTS OFTMALS ÜBERBEWERTET SIND UND MAN DIE EIGENTLICH NICHT BRAUCHT?

Paul: Auf jeden Fall! (lacht) Es sind ja Nahrungsergänzungsmittel, und wenn ich mich gesund ernähre, dann gibt es da eigentlich keinerlei Bedarf für Nahrungsergänzungsmittel. Wenn man sich alleine mal anschaut, wie etwas in der heutigen Fitness-Industrie beworben wird und wie viel Gramm Eiweiß am Tag empfohlen werden, dann kann man da eigentlich nur mit dem Kopf schütteln. Den einzigen Mangel, den wir in Nordeuropa vielleicht haben, ist Vitamin D wegen der Sonne.

 

HABT IHR EUCH SCHON MAL VERLETZT?

Eric: Ich hatte noch keine richtige Verletzung.

Paul: Ich habe mir einmal eine Rippe geprellt. Da habe ich einen Kopfstand gemacht und bin ein bisschen doof umgefallen, das war eigentlich das Schlimmste bisher und tat auch einen Monat lang weh. /// www.dieringe.com

 

Interview & Fotos: Lukas Werlich

13. August 2020 Body m #59 zum mate.style.lab