Schwitzende Männeroberkörper, stereotypischer Technopop aus riesigen, schwarzen Boxen und ganz viel Mittelklasse-Alkohol in Plastikbechern zu viel zu hohen Preisen. Und wer nach fünf Tagen noch nicht müde ist, der fliegt – whoop, whoop! – einfach weiter auf die nächste Circuitparty irgendwo an der Küste Spaniens oder auf Ibiza. Für viele schwule Reisende sind genau das die Eckdaten ihres seit Jahren immer gleichen Urlaubsrituals. Und wieso auch nicht? Wir lieben Männeroberkörper und Gin Tonic genauso sehr. Für viele Reiselustige allerdings haben wir soeben eine Albtraumszene beschrieben.

Schwules Reisen ist heute vielfältiger und nicht mehr so gleichförmig wie noch vor zwanzig oder auch noch vor zehn Jahren. Das Travel-Blog „Mr Hudson“ beschreibt Destinationen und Aktivitäten für schwule Reisende, ohne dabei den Fokus zu sehr auf die lokale Szene der jeweiligen Destination zu richten.

Bastiaan und David waren der immer gleichen Klub- und Partyurlaube überdrüssig und fühlten sich als schwule Reisende von Booking-Websites miss- oder gar nicht verstanden. So gründeten sie das Blog „Mr Hudson“, in dem sich mehrere Dutzend Autoren tummeln und von allerlei Trips und Ausflügen berichten, die eben NICHTS mit Disco und Lametta zu tun haben, aber trotzdem den hohen Ansprüchen und besonderen Interessen der Zielgruppe gerecht werden. „Die 14 besten Gerichte in Panama, die man probiert haben muss“, „Die 8 besten Strände in Taiwan“, „Die 10 besten unabhängigen Buchläden in NYC“ oder „Auf der Suche nach Glück in Bhutan“ sind nur einige Titel der unzähligen Features, die der User in dem Blog so finden mag. Natürlich sind auch der Zielgruppe nähere Themen unter den vielfältigen Einträgen auszumachen: „Die besten schwulenfreundlichen Hotels auf Santorini“, „Gay Brunch in NYC“ oder „Die besten Flitterwochen-Destinationen für schwule Paare“ kommen zwar etwas weniger unvermittelt daher wie eine To-do-Liste für das indische Rajasthan oder eine Reportage über die Fauna auf den Galapagosinseln, bleiben dem Anspruch einer subtilen Annäherung an das Thema „schwules Reisen“ aber stets treu. Insgesamt stehen Storys aus 53 Ländern zur Auswahl, die in die Kategorien „Experiences“, „Food & Beverages“, „Shopping“, „People“ und „Hotels“ untergliedert werden. Im gestalten Verlag erschien im letzten Jahr ein Sammelband der spannendsten Geschichten von Mr Hudson. /// www.mrhudsonexplores.com / www.gestalten.com

Mr Hudson unterwegs, DER STILVOLLE REISEFÜHRER FÜR SCHWULE MÄNNER, vollfarbig, Hardcover, fadengebunden, 320 Seiten, 17 × 22,5 cm

WER WAR MR HUDSON?

Mr. Henry Hudson ist nicht nur Namensgeber des Travel-Blogs von Bastiaan und David, sondern unter anderem auch für den Hudson River in New York, die Hudson Bay in Kanada oder die Stadt Hudson in den USA. Er war ein englischer Seefahrer, der vor allem durch seine Bestrebungen, eine Passage vom Nordpolarmeer nach China zu finden, bekannt wurde. Dabei bereiste er große Teile Nordamerikas. Auf seiner letzten Reise kam es zu einer Meuterei und Hudson und sein Sohn wurden auf einem kleinen Schiff im Eismeer ausgesetzt.

Text: Felix Just