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MDNA!
Culture
13. März 2012

MDNA!

Schon jetzt ist abzusehen, dass 2012 ein Jahr der Entscheidungen für Mama
 Madonna wird. Wird ihr Comeback, das sich bereits im letzten Jahr in Demos und ersten Singlegerüchten abzeichnete, ein Flop oder so siegreich, wie wir es von Madge gewohnt sind? Wird sie außerdem gegen Megastar Lady Gaga bestehen können? Das letzte mal meldete sich Madonna 2008 mit ihrem Album „Hard Candy“ und der „Sticky & Sweet“-Tour zurück. 2009 gab es eine Zugabe und die Tournee ging in eine zweite Runde. Nun muss sie alle Kraft zusammennehmen, um im Pop-Olymp weiter mitspielen zu können. Glücklicherweise hat dort in den vergangenen Jahren niemand außer der Gaga wirklich für Aufsehen gesorgt. Und gerade in letzter Zeit wirken die so liebevoll geplanten Auftritte, Skandale und Skandalauftritte des Rampenlichtjunkies ausgelutscht und irgendwie immer gleich. Dass Gaga für eine Popsängerin eine wirklich tolle Stimme hat, geht dabei leider viel zu oft in Strapsen unter. Macht aber auch keinen Unterschied – 2012 plant Madonna sowieso, die Charts wieder zu entern.

 

2012 fing ja schon madonnamäßig gut an. In der Halbzeit des Super Bowl, DEM Highlight der amerikanischen TV-Saison präsentierte sie die erste Single ihres neuen Albums, „Gimme All Your Luvin’“. Unterstützt wurde sie dabei von Überflieger Nicky Minaj und Rapperin M.I.A. – beide im Cheerleader-Kostüm. Überhaupt mussten wir dank findiger Fans und Blogger gar nicht so lange ohne Madonna auskommen. Zahllose unveröffentlichte Lieder und Demos (ach, und ein paar wirklich gruselige Schnappschüsse) fanden ihren Weg in die Weiten des Internets. Darunter befand sich eben auch die vermeintliche erste Singleauskopplung, produziert von Martin Solveig, die damals noch unter dem Titel „Give me All Your Love“ verbreitet wurde. Ein weiterer Track, der vom Label bestätigt wurde und schon in diversen Musikforen kursierte, ist „Masterpiece“. Die Ballade stammt aus der Feder von William Orbit. Schon vor Veröffentlichung des Soundtracks zu „W.E.“, Madonnas Historiendrama rund um die Beziehung von König Edward VIII. und Wallis Simpson, wurde „Masterpiece“ für einen Golden Globe nominiert. Am 15. Januar dieses Jahres gewann sie die begehrte Trophäe. Der Film, der mitunter an Tom Fords „A Single Man“ erinnert, erhielt – ganz Madonna- untypisch – gute Kritiken. Potenzial verrissen zu werden hat Madonnas Album „MDNA“ mit seinen seichten Pop-Sounds umso mehr.

 

Gemeinsam mit den beiden bereits besprochenen Songs soll „MDNA“ insgesamt 12 Titel enthalten. Neben der Veröffentlichung ihres neuen Longplayers ist für Madonna in 2012 außerdem der Launch eines Parfums, „Truth or Dare“, geplant, ein Auftritt bei der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele und die Begehung des ersten Ablegers ihrer Fitnesskette „Hard Candy“ in Moskau. Tochter Lourdes ist übrigens nicht weniger geschäftig als die Mama: Fleißig arbeitet sie an der Ausweitung ihrer eigenen Modelinie „Material Girl“. So viel Ciccone in einem Jahr!

 

DAS INTERVIEW ZUM FILM

W.E. begibt sich auf die Spuren von Wallis Simpson, einer zweifach geschiedenen Amerikanerin, die nach der Heirat mit König Edward VIII. 1937 zur Herzoginn von Windsor wurde. Gleichzeitig zeigt der Streifen das Leben der Wally Winthrop, die in unserer Zeit auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen Märchenprinzen ist. Die Kritiken haben sich zwar nicht überschlagen, waren aber nicht so vernichtend wie damals bei der Premiere von „Filth and Wisdom“. In Venedig konnten sich die Kritiker zumindest nicht nur negative Kommentare abringen. Bei weniger konservativeren Filmfestspielen in Toronto und London gab es sogar Lob für Madonna. Sie selbst, so wie viele andere, fragt sich allerdings, ob die Juroren der Jurys vielleicht die Regisseurin und nicht den Film selbst als Grundlage für ihre Kritik nahmen.

 

Auf wen auch immer sie nun ihre Besprechungen richteten, „W.E.“ ist ein ganz wunderbarer Film über Frauenpower und der mittlerweile seit über dreißig Jahren erfolgreichen Ikone und Feministin wie auf den Leib geschrieben.

 

VON ALL DEN GESCHICHTEN, DIE DAS LEBEN SO SCHREIBT, IST ES GERADE DIE DER WALLIS SIMPSON GEWORDEN. WARUM?

Wallis Simpson war ganz einfach eine faszinierende Persönlichkeit. Die Tatsache, dass Edward für seine Frau auf den Thron verzichtete, hat viele Fragen in mir aufgeworfen. Hat er es allein aus Liebe getan? War dies vielleicht die größte Romanze des 20. Jahrhunderts? Als ich mich intensiver mit ihrer Person beschäftigt habe, ist mir erst klar geworden, wie unfair man diese Frau behandelt hatte und dass sie eigentlich ganz anders war, als viele Bücher sie heute darstellen. Das erinnerte mich daran, wie unfair wir heute manchen Promis gegenüber sind. Wir gestatten es ihnen nicht, auch mal Mensch zu sein. Wir sehen sie nur in Schwarz oder Weiß, es gibt keine Nuancen. Facetten sind nicht erwünscht.

 

IM VERGLEICH ZU „FILTH AND WISDOM“ IST „W.E.“ EINE ECHTE BLOCKBUSTER-PRODUKTION. WAR ES DESHALB EINE NEUE, EINE ANDERE ERFAHRUNG?

„Filth and Wisdom“ hat mir geholfen, vieles über das Handwerk des Filmemachens zu lernen. Über Kameras, Winkel, Objektive und über die Arbeit mit den Darstellern. Die Erfahrung, die man beim Dreh des einen Films macht, kann dir beim nächsten helfen.

 

ANDREA RISEBOROUGH IN DER ROLLE DER WALLIS SIMPSON STACH AUS DER RIEGE DER DARSTELLER DES FILMS HERAUS. WAR ES VIEL ARBEIT, SIE AUF DIE ROLLE VORZUBEREITEN?

Allein den Akzent glaubwürdig hinzubekommen, war mehr als schwierig. Sie hatte das, was man als transkontinentalen Akzent bezeichnet. Auch die alten Hollywood-Stars hatten diese seltsame Sprechweise. So hört es sich eben an, wenn Amerikaner versuchen, mit englischem Akzent zu sprechen. Das passiert auch vielen Amerikanern, die nach Großbritannien ziehen. Es ist ein komischer Mischmasch aus amerikanischem und britischem Englisch. Sie hatte außerdem einen leichten Südstaateneinschlag – und da das richtige Gleichgewicht zu finden, war nicht so einfach.

 

ICH HATTE DAS GEFÜHL, IN DEM FILM GING ES VOR ALLEM DARUM, EIN SELBSTBESTIMMTES LEBEN ZU FÜHREN. EIN THEMA, DAS AUCH IN DEINER KARRIERE ALS MUSIKERIN IMMER WIEDER AUFTAUCHT.

Es geht darum, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht von anderen Leuten hineinreden zu lassen. Das war schon immer eine der Botschaften, die ich in meiner Musik zu vermitteln versucht habe. Die Freiheit, man selbst zu sein und sein Leben durch nichts und niemanden beschneiden zu lassen, das ist die Botschaft des Films. Niemand muss das Leben führen, das man von ihm erwartet.

 

WO WIR SCHON VON ERWARTUNGEN SPRECHEN: WIE GEHST DU DA-MIT UM, WENN ES IN KRITIKEN IMMER NUR UM DICH ALS PERSON, ABER NICHT UM DEINE ARBEIT ALS REGISSEURIN GEHT?

Ich beschäftige mich mit den Kritiken und
ich kann schon unterscheiden, ob die Leute tatsächlich den Film kritisieren oder ob die Person Madonna ihren Blick trübt. In diesem Fall juckt mich die Kritik nicht wirklich. Ich habe einen Film gemacht. Ich wollte nie, dass man ihn mit mir als Person in Verbindung bringt. Mir war allerdings von vornherein klar, dass das passieren würde und dass die Leute beides irgendwie vermischen würden. Ich weiß es also sehr zu schätzen, wenn man gerade das nicht tut und tatsächlich nur meinen Film bewertet.

 

HAST DU DICH WÄHREND DER ARBEIT AN DEM FILM EINMAL DAMIT BESCHÄFTIGT, WARUM ES SO WENIGE FRAUEN ALS REGISSEURE SCHAFFEN?

Ich denke, dass die Arbeit als Regisseur ganz einfach als Männerdomäne wahrgenommen wird, und mitunter kann ich das auch verstehen – fürs Hübschmachen bleibt wirklich keine Zeit. Man fühlt sich auch nicht sonderlich weiblich, wenn man da so am Set auftaucht. Andererseits glaube ich, dass mir mein Frausein geholfen hat, die Darsteller durch den Film zu begleiten oder auch den Mädels bei der Kostümanprobe zur Hand zu gehen, einfach Zeit mit ihnen zu verbringen. Und natürlich auch mit den Jungs. Ich hatte großen Spaß daran, die Schauspieler einzukleiden – vom Taschentuch in Edwards Anzugjacke bis hin zum Schmuck der Frauen und den Nadeln im Haar. Ich habe es geliebt. Ich will niemanden in eine Schublade stecken, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Männer Spaß daran haben.

 

MANCHE SCHON, ABER SICHER NICHT ALLE.

Ja, manche schon.

 

WAS KOMMT ALS NÄCHSTES UND WIE GEHT ES WEITER MIT DEINER KARRIERE ALS REGISSEURIN?

Ich würde gern noch mehr Filme machen. Als Nächstes veröffentliche ich aber mein neues Album. An neuen Songs zu schreiben, war nach drei Jahren, in denen ich an dem Film gearbeitet habe, eine nette Abwechslung. Das Liederschreiben ist eine viel emotionalere Angelegenheit als das Filmemachen. Es ist anders. Ich liebe beides, aber als Regisseur machst du vieles mit dem Kopf. Ab und zu will ich aber einfach die Gitarre in die Hand nehmen und loslegen. /// www.madonna.com

 

Text: Jaap Bartelds / Interview: Peter Knegt