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KATIE MELUA
Interview
14. November 2020

KATIE MELUA

Katie Melua ist eine Ausnahmekünstlerin. Nur wenige Sänger und Sängerinnen schaffen es, sich so lange auf der Welle des Erfolgs zu bewegen wie die Britin mit georgischen Wurzeln. 2003 feierte sie ihr Debüt mit „Call Off the Search“. 2005 erschien ihr zweites Album „Piece by Piece“ und die Single „Nine Million Bicycles“. „Piece by Piece“ erreichte in mehreren europäischen Ländern die Nummer eins der Albumcharts. 2006 war Katie Melua die kommerziell erfolgreichste Sängerin Europas. Fünf Alben und zahlreiche Auszeichnungen später erscheint in diesem Jahr ihr achter Longplayer.

GLÜCKWUNSCH ZU DEINEM ACHTEN STUDIOALBUM! OBWOHL DU SCHON IN DER VERGANGENHEIT DEINE EIGENEN TEXTE GESCHRIEBEN HAST, IST DAS DEIN ERSTES ALBUM, AUF DEM ALLE SONGS DEINE HANDSCHRIFT TRAGEN. BIST DU EXTRA STOLZ?

Es ist auch mein allererstes Album ohne Coversongs! Meine Co-Autoren und ich haben zehn völlig neue Songs geschrieben. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Was mich schon immer interessiert hat, ist das Ungleichgewicht von Musik und Zeile. Wer hat eigentlich entschieden, dass Musiktexte simpel sein müssen? Als ich mal mit einem absolut genialen Autor zusammensaß und an einem Song schrieb, meinte er zu mir, dass die Worte keine Bedeutung hätten. Und ich fragte ihn: „Wie kann es sein, dass die Worte keine Bedeutung haben? Sie sind das Wichtigste an einem Lied.“ Er erinnerte mich an die Songtexte der Beatles und welchen Erfolg die Band mit sehr einfachen Reimen hatte. In diesem besonderen Fall hatte er natürlich recht, grundsätzlich stimme ich ihm aber nicht zu. Wenn ich singe, geht es mir darum, eine Geschichte zu erzählen. Überhaupt habe ich das Gefühl, die Musikindustrie steckt jede Menge Geld und Know-how in den Producer-Part der Produktion, aber scheint den Prozess des Liederschreibens zu ignorieren.

 

ICH KANN DIR DA ALS AUTOR NUR ZUSTIMMEN.

Klar, du als Redakteur verstehst natürlich, was ich meine.

 

ABSOLUT! ABGESEHEN VON DEN TEXTEN, DIE DU FÜR „ALBUM NO. 8“ VERFASST HAST: WAS WAR DIE IDEE HINTER DEINEM JÜNGSTEN LONGPLAYER? ES KLINGT BEIM ERSTEN HÖREN EIN BISSCHEN WIE EIN ROMAN.

Ursprünglich war das zwar nicht die Idee, aber es macht Sinn, dass du das sagst. Geschichten zu erzählen und meine Worte buchstäblich weise zu wählen, sind ein großer Teil meines kreativen Prozesses.

SEIT „CALL OFF THE SEARCH“ SIND 17 JAHRE VERGANGEN. WAS HAT SICH SEIT DEINEM ERSTEN ALBUM FÜR DICH ALS KÜNSTLERIN VERÄNDERT?

Als ich damals anfing, Musik zu machen, arbeitete ich mit Mike Batt zusammen, der mir mehr als dreißig Jahre Erfahrung voraushatte Es war also Mikes Vision und Mikes Musik und ich war die Stimme. Als Kind georgischer Eltern, die vom Kommunismus geprägt wurden, war für mich von Anfang an klar, dass du nur als Team das beste Produkt abliefern kannst. Das hat sechs Alben lang auch sehr gut funktioniert. Er war mein Mentor. Und dann war es an der Zeit, dass ich mich als Künstlerin weiterentwickle und wachse. Meine ersten Erfolge waren sehr unschuldige Lieder. Jetzt bin ich 35 und meine Musik soll das auf ehrliche Weise widerspiegeln.

 

DEIN DEBÜTALBUM ERSCHIEN IM SELBEN JAHR WIE CHRISTINA AGUILERAS „STRIPPED“ ALBUM, DAS SIE AUCH WEG VOM TEENIE-IMAGE UND HIN ZUR JUNGEN ERWACHSENEN TRANSPORTIEREN SOLLTE. ETWAS, DAS IHR BEIDE AUSSERDEM GEMEINSAM HABT, IST LEO ABRAHAMS, DER ALS PRODUZENT FÜR AGUILERA AN „BIONIC“ ARBEITETE. JETZT HAT ER „ALBUM NO. 8“ MIT DIR ENTWICKELT. WOHER WUSSTEST DU, DASS ER DER RICHTIGE FÜR DICH WAR?

Mein letztes Album war fokussiert auf meinen Gesang und hatte einen starken A-capella-Charakter. Für „Album No. 8.“ wollte ich aber eine ganze Reihe namhafter Musiker. Einer von ihnen hatte mir Leo als Produzent empfohlen. Zur gleichen Zeit hatte Leo mein Management kontaktiert. Wir haben uns also getroffen und ich habe ihm erklärt, was ich mir vorstellte. Darauf sagte er: „Klingt gut.“ (lacht) Es hilft auch, dass Leo ein brillanter Gitarrenspieler ist.

WÜRDEST DU AUCH MAL IN VÖLLIG ANDERE GENRES EINTAUCHEN? ROCKMUSIK ODER BUBBLEGUM-POP A LA CHRISTINA AGUILERA?

Auf der Bühne probiere ich mich schon immer in verschiedenen Genres aus – ich habe schon Künstler wie Janis Joplin gecovert und singe auch Jazz-, Blues- und Folk-Songs. Auf meinen Alben zeige ich diese Seite von mir noch nicht. Wer weiß, vielleicht kommt das noch.

 

DAS BILD AUF DEM COVER ZEIGT DICH MIT EINER RETRO-KAMERA IN DEN HÄNDEN. HAST DU DAS FOTO SELBST GESCHOSSEN? WAR DAS AUFGRUND VON CORONA?

Ja. Das Label hatte die Idee, mir diese Kamera zu schicken, damit ich das Cover selbst aufnehme. Es ist wirklich cool. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass ich mal mein eigenes Coverfoto schieße.

 

WIRD ES EINE TOUR ZUM ALBUM GEBEN, WENN ES DIE UMSTÄNDE WIEDER ZULASSEN?

Wir hatten eine große Tour geplant, die leider gecancelt wurde. Aber wir stehen in den Startlöchern und können jederzeit loslegen. /// Mehr Informationen zum neuen Album und möglichen Tourdaten unter www.katiemelua.com

 

Interview: Felix Just / Fotos: Rosie Matheson

14. November 2020 Culture m #62 zum mate.style.lab