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JOHANNESBURG
City of Gold and Creativity
13. Januar 2017

JOHANNESBURG

Aufgewachsen in Port Elizabeth, ganz im Süden des Landes, bin ich mit dem Meer groß geworden – ja, mit Delfinen zu schwimmen gehörte für mich zum Alltag. Nach meinem Schulabschluss verschlug es mich nach Kapstadt. Dort gab es zwar viele schöne Männer, aber ich vermisste den Indischen Ozean. Erst nach einigen zugegebenermaßen wunderbaren Jahren bei der südafrikanischen Marine und einem Job bei einer Reederei landete ich in Johannesburg.

Vor meinem Umzug grauste es mich, Kapstadt zu verlassen. Johannesburg hat den Ruf, weniger naturverbunden zu sein, und ich liebe die Natur. Ich wurde eines Besseren belehrt. Nicht nur ist Johannesburg ganzjährig mit einem fantastischen Klima gesegnet, in unmittelbarer Nähe zum Stadtgebiet befindet sich der größte von Menschenhand geschaffene Wald der Erde: 10 Millionen Bäume stehen hier. Jo’burgers, wie sich die Einwohner von Johannesburg selbst bezeichnen, reisen gerne – auf jeden Fall lieber als die Menschen in Kapstadt. Schon bald begann ich selbst, an den Wochenenden in die umliegenden Parks und Reservate zu fahren, um dort meine Freizeit in der freien Natur zu verbringen. Besonders gern besuche ich den Mountain Sanctuary Park, der eine der beeindruckendsten Schluchten überhaupt beherbergt. Die einzigartigen Naturlandschaften rund um Johannesburg eignen sich hervorragend zum Wandern, viele Outdoor-Unterkünfte sind nicht mehr als fünf Stunden mit dem Auto vom Stadtzentrum entfernt. Dort tummeln sich vor allem im angesagten Parkhurst und rund um den Vorort Melville die Kreativen, die Unternehmer und Hipster, was sich in der Summe der Restaurants und Galerien niederschlägt. Die Kriminalitätsrate ist in Melville und Parkhurst niedriger als in ganz Johannesburg, da sich ein großer Teil der Menschen hier teure Überwachungssysteme und private Sicherheitsleute leisten können. Trotzdem sind viele der kleinen bunten Häuser durch hohe Mauern oder Zäune zusätzlich gesichert.

Anders als Kapstadt ist Johannesburg weniger touristisch und die Bürger sind oft weniger bereit, für Lebensmittel und Restaurantbesuche viel Geld auszugeben. Während ein Abendessen zu zweit in Kapstadt locker bis zu 100 Euro kosten kann, lässt es sich in Johannesburg bereits unter 30 Euro gut essen. Für eine gehobene Küche wie die im View des Four Seasons Hotel The Westcliff muss man aber auch in Johannesburg tiefer in die Tasche greifen. Mein Tipp: Samstags-Brunch im Flames-Restaurant, das ebenfalls zum The Westcliff gehört. Für 75 Euro darf hier nach Herzenslust und so lange man noch nicht im Food-Koma liegt geschlemmt werden. Getränke kosten extra. Das Essen ist Weltklasse, das Highlight aber ist der Ausblick. Nirgends sonst hat man eine bessere Aussicht auf Johannesburg. Zu den Füßen der Außenterrasse ergießt sich ein Meer aus Grün, das hier und da von ulkigen kleinen Häusern durchbrochen wird. Und wenn im Oktober die Jacarandabäume in voller Blüte stehen, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Aufenthalt im The Westcliff ist nicht ganz günstig, aber Melville ist keine fünf Autominuten entfernt und bietet preiswerte Alternativen zum Four Seasons Hotel. Der Vorort darf sich aufgrund seiner einmaligen Kulisse über den Besuch vieler Filmproduktionen freuen. In der Nachbarschaft gibt es etliche kleine Lokale wie das Lucky Bean, in dem freitags Livemusik gespielt wird. Das Pulp Fiction präsentiert seine Speisekarte auf alten Schallplatten, Küchenchef Chad Casseli ist für seinen kunstvollen Umgang mit lokalen Zutaten bekannt. Das La Santa Muerte serviert traditionell mexikanische Speisen, das The Countess ist ein authentisches nordamerikanisches Restaurant. Wer sich für einen Aufenthalt in Parkhurst entscheidet, wird dort auf exklusiveres Publikum und Geschäfte treffen. Kleine Dekorläden wechseln sich ab mit Kunstgalerien und schicken Restaurants. Besonders empfehlenswert: Das Coobs Restaurant. James Diack achtet darauf, dass sämtliches Fleisch von Weidetieren stammt. Das beste Steak der Stadt aber bekommt man im Local Grill im angrenzenden Stadtbezirk Parktown North. Besitzer Steve Maresch ist in alle Prozesse rund um sein Restaurant involviert und heimst für seine Arbeit regelmäßig Preise ein. ///

 

Text: Rubin van Niekerk

13. Januar 2017 Travel m #51 zum mate.style.lab