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GREAT HIMALAYA TRAIL
„Die schweren Symptome der Höhenkrankheit, Hirn- oder Lungenödeme, sind sogar lebensbedrohlich. Wenn Kopfschmerzen und Übelkeit nicht nachlassen, hilft nur noch der Abstieg in niedrigere Höhen, auch wenn es das Ende der Reise und eines Urlaubstraums bedeutet.“
23. Juli 2016

GREAT HIMALAYA TRAIL

Wenn jemand wirklich schlecht rückwärts einparken kann, dann ist das Indien. Weil sich der Subkontinent seit fünfzig Millionen Jahren unter Asien schiebt, faltet sich hier die größte Knautschzone der Erde auf: der Himalaya. Der Gebirgszug hat gigantische Ausmaße: Er ist doppelt so hoch wie die Alpen und dreimal länger als Italien. Ein riesiges Verkehrshindernis und eine kaum zugängliche Region. Mit dem Great Himalaya Trail entsteht hier im Moment das größte Projekt in der Geschichte des Hochgebirgs-Wandertourismus. Er durchquert das höchste Gebirge der Welt – von Pakistan über Indien, Nepal, und Bhutan bis nach Tibet. Die einzelnen Wege dieses Netzes gibt es größtenteils schon sehr lange, sie waren allerdings weder kartografiert noch hatte sich bisher jemand die Mühe gemacht, ihren Schwierigkeitsgrad und ihre Verknüpfungspunkte zu erfassen.

Inzwischen ist der Großteil der 10.000 Kilometern dokumentiert. Der Rest soll folgen. Zum Vergleich: Hobby-Pilger Hape Kerkeling durchquerte Nordspanien auf dem Jakobsweg und legte dabei 769 Kilometer zurück – das sind etwa sieben Prozent des Great Himalaya Trail.

Bei der Planung einer Wanderung ist die Größe des Wegenetzes eine echte Herausforderung. Neulinge entscheiden sich deshalb meist für die Teilabschnitte des Trails, die leicht zu erreichen sind – vor allem in Nepal. In dem kleinen Hochgebirgsland boomt der Trekking-Tourismus bereits seit Jahrzehnten. Deshalb findet man bei verschiedenen Reiseveranstaltern eine breite Palette geführter, unterschiedlich anspruchsvoller Touren. Neben dem Schwierigkeitsgrad der Wanderung sollte man die extrem dünne Luft in großen Höhen nicht unterschätzen – womit wir schon beim nächsten Superlativ wären. Nirgendwo ist die Zahl der Nervenzusammenbrüche auf Reisen so hoch wie hier. Große Höhe, dünne Luft – Höhenkrankheit. Damit ist nicht zu spaßen. Der niedrige Sauerstoffgehalt ab etwa 3.000 Metern macht nicht nur das Atmen schwer und sorgt bei vielen Menschen für Schlaflosigkeit, Schwindelgefühle oder Ohrensausen. Trotz des enormen Kalorienverbrauchs kämpfen die meisten Wanderer vor allem in den ersten Tagen auch gegen Appetitlosigkeit an. Oft sorgt schon der Gedanke an feste Nahrung für Übelkeit. Die schweren Symptome der Höhenkrankheit, Hirn- oder Lungenödeme, sind sogar lebensbedrohlich. Wenn Kopfschmerzen und Übelkeit nicht nachlassen, hilft nur noch der Abstieg in niedrigere Höhen, auch wenn es das Ende der Reise und eines Urlaubstraums bedeutet.

 

Man sollte sich der Gefahren bewusst sein und es dem Organismus leicht machen, sich an die Höhe zu gewöhnen. Dazu gehören ein langsamer Aufstieg zur Akklimatisation und viel Trinkwasser: bis zu sechs Liter pro Tag. Dann kann die große Höhe zum großen Erlebnis werden, denn für innere Einkehr oder meditative Erfahrungen eignen sich die dünne Luft und die große Leere im Kopf ganz ausgezeichnet. Auch wenn man sich selbst nach Tagen noch fühlt wie ein Sauerstoffsüchtiger auf Entzug.

BENIMMREGELN

In den teils stark isolierten Hochgebirgstälern des Himalaya lebt eine schwer überschaubare Anzahl von Volksstämmen mit sehr unterschiedlichen Bräuchen und Traditionen. Mit diesen Benimmregeln liegt man meist richtig:

– Man schüttelt einheimischen Frauen nie die Hand. In Nepal grüßt man mit einer leichten Verbeugung, dem traditionellen „Namasté“ und vor der Brust aufeinandergelegten Handflächen.

– Man weist nie mit den Füßen oder den Fußsohlen auf eine andere Person. Deshalb ist es besser, die Beine nicht überzuschlagen.

– Kindern streichelt man nicht über den Kopf.

– Die Feuerstelle ist heilig. Müll wirft man nicht ins Feuer.

HOCHGEBIRGSTREKKING OHNE ZELT

In der Everest-Region, dem Sagarmatha National Park, gibt es zahlreiche einfache Unterkünfte für wenige Euro pro Person und Nacht. Zimmer mit eigenem Bad gibt es in den Lodges der Yeti Mountain Homes: www.yetimountainhome.com. Da während der Hauptsaison viele Lodges ausgebucht sind, empfiehlt es sich, über einen Reiseveranstalter zu buchen. Im Katalog des Trekking-Spezialisten Hauser Exkursionen findet man verschiedene Reiseangebote, sortiert nach Schwierigkeit, maximaler Höhe sowie den Nächten, die im Zelt oder in einer Lodge verbracht werden: www.hauser-exkursionen.de.

 

Wer die Einsamkeit sucht, sollte die stark frequentierten Gebiete meiden. /// www.GreatHimalayaTrail.com.

 

Text & Fotos: Carsten Heider