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FUTURE LIVING
Culture
14. Oktober 2018

FUTURE LIVING

Elektrisches Licht, die Warmwasserheizung, Mikrowelle: Dies alles sind Erfindungen der letzten 200 Jahre. Lange Zeit hat sich an der Art, wie wir wohnen und wie wir unsere vier Wände nutzen, nicht signifikant viel verändert. Das Zuhause war der effektivste Schutz gegen Witterungsbedingungen und der Ort, an dem das Essen zubereitet wurde. Wer Glück hatte, hatte sein eigenes Bett. Heute geben wir unserem „Smart Home“ via Telefon und vom Büro aus Bescheid, dass wir gleich auf dem Weg nach Hause sind und doch gerne von kuschelig warmen 26 Grad begrüßt werden wollen. Und was ist in Zukunft sonst alles möglich? Wir haben uns umgesehen.

WOHIN MIT ALL DEN MENSCHEN?

Jedes Jahr wächst die Weltbevölkerung um rund ein Prozent. Bis 2030 sollen wir über acht Milliarden Menschen sein, bis 2050 über neun Milliarden. Mehr Menschen benötigen mehr Wohnraum. In Ballungsräumen wie New York oder so ziemlich jeder asiatischen Großstadt wird deshalb nach oben und nicht in die Breite gebaut. Noch hält der Burj Khalifa in Dubai mit 828 Metern den Titel des höchsten Gebäudes der Erde. Mit knapp über 1.008 Metern wird der Jeddah Tower in Saudi Arabien den bisherigen Rekord brechen. Ein echter Meilenstein ist er aber nicht. Dafür macht der geplante Sky Mile Tower in Tokio schon jetzt von sich reden, auch wenn seine Fertigstellung erst für nach 2045 geplant ist. Gut 1.700 Meter kann man auch kaum übersehen, selbst wenn die Zahl bislang nur auf dem Papier steht. Der Sky Mile Tower ist Teil des Megaprojekts „Next Tokio“. In der der Megacity vorgelagerten Bucht schlagen das Architekturbüro Kohn Pedersen Fox Associates und Leslie E. Robertson Associates vor, mehrere „Wohninseln“ zu schaffen, die gleichzeitig als Algenfarmen dienen und der Stadt auf dem Festland Schutz beispielsweise vor Tsunamis bieten. Im Zentrum des künstlichen Archipels soll der Sky Mile Tower thronen, der bis zu 55.000 Menschen ein Zuhause bietet. Außerdem macht man sich in Japan gerade ernsthafte Gedanken für den Bau einer ersten Unterwasserstadt: Die Shimzu Corporation geht von einer Spirale aus, die an einer riesigen Sphäre hängt und bis zu vier Kilometer hinab in die Tiefe reicht. Der gigantische Fußball dient als Park und Besucherzone, die Spirale wäre völlig autark in ihrer Energiegewinnung und würde bis zu 5.000 Menschen beherbergen. / www.kpf.com / www.shimz.co.jp

 

WER BRAUCHT E-CARS, WENN ER FLIEGEN KANN?

Die zunächst fünf Jahre, die Fahrer von Elektroautos von der Kraftfahrzeugsteuer befreit waren, wurden in 2016 auf zehn Jahre ausgeweitet. Weiterhin erhalten Käufer eine Prämie von 4.000 Euro, wenn sie sich ein rein elektrisch betriebenes Auto zulegen, und 3.000 Euro für Plug-in-Hybride. 300 Millionen Euro investiert die Regierung in den Ausbau des Netzwerks von Ladestationen. Sogar ein Verbot von Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren ist im Gespräch. Aber warum überhaupt noch mit dem Auto fahren, wenn man fliegen kann? Zukunftsforscher sind sich sicher: Nicht mehr lange, und wir werden von Balkon zu Balkon geflogen. Bis dahin müssen sich die Regierungen aber noch auf Regulierungen für den zu erwartenden Flugverkehr einigen. Amazons Plan, schon bald Pakete durch die Luft zu schicken, scheiterte bislang an den Bestimmungen der US-Regierung. Danach dürfen Drohnen nicht außerhalb der Sichtweite eines Piloten agieren, inklusive Fracht nicht mehr als 25 Kilogramm wiegen und eine Flughöhe von 122 Metern nicht überschreiten. Auch in Deutschland wurden ähnliche Regulierungen zum Gesetz. Diese Einschränkungen, und besonders der limitierte Bewegungsradius, machen Amazons geplanten Einsatz von Drohnen obsolet. Da helfen auch keine Pläne, die Drohnen via Luftschiff zunächst in Nähe der Ziele zu befördern. Währenddessen basteln die Chinesen fleißig an der ersten Drohne für den Passagierverkehr. Die Ehang 184 schafft es, ein Gewicht bis zu 100 Kilo zu transportieren, kann bis zu 23 Minuten in der Luft bleiben und agiert völlig autonom. Getestet wurde die Drohne erstmals in der Wüste von Nevada. Die Abteilung für Wirtschaft des US-Bundesstaats träumt bereits von ersten Drohnentaxis. / www.ehang.com

 

KOMFORT, KOMFORT, KOMFORT

LEDs sind schon lange in unseren Wohnzimmern angekommen und nehmen langsam den Platz von ineffizienten Glühbirnen ein, auch wenn die so schön und bislang unnachahmlich gemütlich flimmern. Klar, LEDs sind günstig, haben eine lange Lebensdauer und sind per Fernbedienung steuerbar. Aber was Google scheinbar gerade vorbereitet, kannten wir so bislang nur aus Science-Fiction-Filmen. Scheinbar, denn noch existiert Googles „Theme Wall“ nur als Patent, wenn sie aber einmal Wirklichkeit wird, könnten wir schon bald Lieblingsfotos, das Wetter oder sogar Seiten eines Buchs ganz bequem auf die Wand projizieren. Oder besser: Die Wand gibt das projizierte Bild 1:1 wieder. Das Geheimnis: foto-reaktive Farbe, die wie E-Tinte funktioniert und mit Licht oder Laser auf die Wand gespielte Bilder unmittelbar nachempfindet. Ein weiteres großes Thema, wenn es um Komfort und Bequemlichkeit in den eigenen vier Wänden geht, sind 3-D-Drucker, die schon bald sogar unser Abendbrot ausdrucken sollen. In Australien experimentiert man gerade fleißig an 3-D-Druckern, die Gerichte für ältere Menschen und Menschen mit Schluck- und Kauproblemen zubereiten sollen.

 

… UND NOCH VIEL WEITER

Über eine Million Menschen will Technikguru und Tesla-Chef Elon Musk in den kommenden vierzig Jahren auf den Mars bringen. Dort sollen sie in von ihm geschaffenen Kolonien leben. 200.000 Dollar soll das Ticket kosten. Die NASA hat ähnliche Pläne und will bis 2030 die ersten Marsstationen eingerichtet haben. Die größten Hürden für die Kolonialisierung des Roten Planeten: die Strahlung, der die Astronauten auf dem rund sieben Monate langen Flug ausgesetzt sind, die Schwerelosigkeit, die Muskeln und Knochen schwächt, und der Boden des Mars, der nur schwer für den Anbau von Nutzpflanzen urbar zu machen ist. Trotz dieser bislang nur teilweise gelösten Probleme sind NASA und Musk sich sicher: Noch in diesem Jahrhundert werden die ersten Menschen auf dem Mars leben. ///

 

Text: Felix Just / Illustrationen: Pavel Mishkin

14. Oktober 2018 Culture m #53 zum mate.style.lab