ARUBA
Es tönen Klänge einer Steel Pan, als wir den Terminal des Flughafens betreten. Kurz vor der Wartehalle wartet eine Gruppe aus kunterbunten Pappmascheefiguren auf die ankommenden Besuchermassen. Auf der ganzen Insel wimmelt es nur so von dicken Autos, Casinos und Shoppingmalls. Ganz Oranjestad ist ein großes Einkaufsparadies. Keine 30 Kilometer von der venezolanischen Küste entfernt, wird die Insel zu rund 80 Prozent von Amerikanern frequentiert – und die kommen keine tausende von Meilen geflogen, um Land und Leute zu erleben. Nein, sie wollen Amerika am Strand. Die Hauptstadt Oranjestad und der Hotelstrip, der sich am Strand ergießt, gleichen deshalb nicht etwa einer der Historie geschuldeten niederländischen Kleinstadt aus dem 19. Jahrhundert, sondern erinnern eher an Miami oder Los Angeles.
Mate aber wollte das Aruba entdecken, das uns die Google-Bildersuche versprochen hat.
Ein erster Sprung ins Meer verrät, warum Aruba für Touristen aus aller Welt so attraktiv ist. Das Wasser ist butterweich und man läuft auf dem Sand wie auf frischen Laken. In den Wipfeln der Palmen zwitschern Vögel, und immer wieder begegnet man den hier ansässigen Leguanen. Auch wenn einige Exemplare eine stattliche Größe erreichen, braucht man sich vor ihnen nicht zu fürchten. Im Wasser tummeln sich am Sandstrand nur wenige Fische, und alles, was dem Menschen gefährlich werden könnte, bleibt sowieso weit weg. Die Palmen und überhaupt ein Großteil der Vegetation rund um die Hotels wurden importiert und werden mithilfe eines Bewässerungssystems am Leben gehalten. Es kann durchaus vorkommen, dass es im ganzen Jahr nur ein Mal regnet. Die Wasserqualität auf Aruba ist eine der besten weltweit: Alles Wasser wird aus dem Meer gewonnen und in einer Entsalzungsanlage für den Menschen genießbar gemacht. Vor der Besiedlung wuchsen hier lediglich einige wenige Sträucher, Kakteen und die berühmten Divi-Divi-Bäume, die vornehmlich auf der Wetterseite der Insel existieren und durch den starken Wind in Richtung Oranjestad neigen. Um seinen Weg zurück zu den Hotelanlagen zu finden, braucht man auf Aruba deshalb auch keinen Kompass.
GET AROUND
Erstmals von Menschen bewohnt wurde die Insel circa 500 Jahre v. Chr.: Ureinwohner des südamerikanischen Kontinents, Fischer und Jäger, lebten ungestört auf Aruba, bis die Spanier Anfang des 16. Jahrhunderts die Insel besetzten. Viele der sogenannten Amerindians wurden getötet, die meisten wurden als Minenarbeiter auf dem Festland eingesetzt. Erst nachdem die Niederländer im 17. Jahrhundert Aruba für sich beanspruchten, verbesserte sich die Situation der Ureinwohner. Aufgrund seiner Geschichte ist Aruba heute ein Land mit einer für seine Größe vergleichsweise hohen Sprachvielfalt. Amtssprachen sind Niederländisch und Papiamento – ein Mix aus Spanisch, Portugiesisch und Niederländisch. In den Schulen wird außerdem Spanisch und Englisch unterrichtet, sodass die meisten Inselbewohner mindestens drei Sprachen sprechen. Das Verkehrsaufkommen auf der Insel ist besonders zur Mittagszeit hoch. Auf der Hauptstraße, die durch Oranjestad und zum Hotelstrip führt, ist dann kaum ein Durchkommen. Seit 2013 gibt es auf Aruba außerdem eine Tram, die vom Hafen in das Inselinnere führt und ursprünglich gebaut wurde, um Kreuzfahrttouristen auf direktem Wege vom Schiff ins Stadtzentrum von Oranjestad zu transportieren, wo sie hoffentlich viele, viele Dollars lassen. Neben der Inselwährung, dem Aruba-Florin, werden überall auch US-Dollars akzeptiert. Taxis, die ungewöhnlich teuer sind und Pauschalpreise verlangen, nehmen lediglich Bargeld.
GET AWAY
Was auf der Website des Hotels Renaissance als „private Insel“ verkauft wird, ist eigentlich nichts weiter als ein Streifen Land vor der Küste, der für die Gäste des Hotels – denn nur die genießen das Privileg, hier zu urlauben – mit Restaurant, Tennisplatz und Plastikliegen ausgestattet wurde. Das Papagayo serviert eine kleine Auswahl an Pizzen und Appetizern. Die weißen Liegen verteilen sich auf zwei Strände: den Iguana Beach, der für Familien reserviert ist und wo immer um 12 Uhr mittags die ansässigen Leguane gefüttert werden, und einen Strand für „Adults“, der sieben Flamingos beherbergt und deshalb passenderweise auf den Namen Flamingo Beach getauft wurde. Die rosa Vögel wandeln gemächlich zwischen den Urlaubern. Gleichzeitig machen sich Hundertschaften von Moskitos über ebendiese her. Ohne die entsprechende Chemie aus der Dose hält man es am Flamingo Beach nicht lange aus.
Eine andere Möglichkeit der täglichen Routine aus Hotelbuffet – Strand – Hotelbuffet – Strand – Bar zu entgehen, ist, eine der Jeepsafaris zu besuchen (www.depalmtours.com), die in den Süden der Insel und in den Nationalpark führen. Heimtückisch und geschickt lullen die Guides den ahnungslosen Touristen vor der Abfahrt ein, geben ihm ein Gefühl von Sicherheit und spielen ein einstudiertes Comedyprogramm ab, das ihm vermitteln soll: Wir sind in Ordnung, du kannst uns vertrauen. Auf die durchsichtigen, aber unterhaltsamen Sketche folgt der Fall in die Tiefe. Die steinigen Bergstraßen sind erbarmungslos zu Magen und Wagenachsen. Da hilft es auch nicht, wenn die Fahrer zwischendurch versichern, sie würden ihre zahlende Fracht in einem Stück ans Ziel befördern. Lediglich ein viel zu weiter, weil an die Maße des Durchschnittsamerikaners angepasster, Sicherheitsgurt und eine starke Hand am Geländer des Jeeps trennen Gesicht, Gliedmaßen und die inneren Organe von den umliegenden Felsen. Die (meisten) Männer haben einen riesigen Spaß, (fast) alle Frauen sind froh, als die Tour vorbei ist. Unter anderem führt die Route vorbei an Arubas berühmtem „Natural Pool“, einer von Felsen geschützten übergroßen Badewanne im Meer, und der Alto-Vista-Kapelle, dem Nachbau einer winzigen Kirche, die hier 1750 errichtet wurde. Der Arikok-Nationalpark lässt sich alternativ auch auf dem Pferd erkunden. Die Tiere der Rancho Daimari (www.arubaranchodaimari.net) sind darauf trainiert, reitunerfahrene Touristen zu tragen. Auch auf dem Rücken der Pferde geht es in der unwirtlichen Umgebung holperig zu und steile Hänge bergauf und bergab, sodass es einem schon mal ein Vakuum in der Magengegend beschert.
EAT WELL
Dem Inselsein geschuldet werden 99 Prozent der Nahrungsmittel auf Aruba importiert. Restaurants – und von denen gibt es auf Aruba überproportional viele – dürfen also wählerisch sein. Nach dem Motto „deep fried oder stirb“ werden im The West Deck (www.thewestdeck.com) nahe dem Hotelstrip frittierte Schweinereien gereicht, dass das amerikanische Urlauberherz lacht und die Arterien stöhnen. Was auf der Karte als Appetizer deklariert wird, geht in deutschen Restaurants als Hauptgang durch, und das Balashi-Bier, das als Light-Bier verkauft wird, ist tatsächlich ein alkoholschwangeres Gesöff, das nach den ersten Schlucken schnell zu Kopf steigt. Immer donnerstags spielt ein Hobbysänger auf dem Keyboard Klassiker und das Beste aus den 1980ern. Das Papiamento (www.papiamentoaruba.com) im Norden von Oranjestad war früher einmal eine Reitschule und zwischendurch auch mal das Zuhause der Familie Ellis. Diese hat das Gebäude später zu einem Restaurant umgebaut. Die beiden Gründer, Eduardo und Lenie Ellis, leben noch immer auf dem Gelände. Der Pool, in dem damals die vier Kinder des Paares geplanscht haben, ist heute das Herzstück des Papiamento. Um ihn herum sitzen die Gäste im sanften Licht der zahllosen Laternen, die von Bäumen hängen. Das Essen ist gelungen. Neben Fischgerichten und dem inseltypischen Keshi Yena, einer Art Bolognese aus Huhn, die mit Gouda überbacken wird, kann der Gast einige wenige Speisen auch „on the hot stone“ bestellen und das Gericht seiner Wahl am Platz selbst garen. Wer auf Atmosphäre keinen großen Wert legt und lieber mehr Zeit auf das Erkunden der Insel verwenden möchte, bekommt im Sea Salt schnelle, aber solide Lunches oder Dinner serviert.
SLEEP WELL
Die Häuser am Palm Beach, die sogenannten High-Rise Hotels, unterscheiden sich in ihrer Architektur kaum voneinander. Große Klötze aus Stahl und Beton stehen brav in Reih und Glied und beherbergen hunderte von Sonnenanbetern und Wassersportfans. Das Occidental Grand Aruba (www.occidental-hotels.com) ist in seiner Erscheinung keine Ausnahme, aber fast alle Zimmer verfügen über Meerblick, was nicht in allen Hotels so ist. Wie die meisten Resorts auf Aruba, ist auch das Occidental an die Bedürfnisse der US-Urlauber angepasst, ist aber deshalb besonders sauber und bietet einen anständigen Service auch für die Durchschnittsurlauberkasse.
Mit Zimmerpreisen ab 300 Euro ist selbst das Ritz Carlton ganz am Ende des Strips für ein 5-Sterne-Hotel vergleichsweise günstig. Von allen Hotelkästen am Palm Beach ist das Ritz Carlton der wahrscheinlich grobschlächtigste in seiner Architektur, kann dafür aber mit dem Standard der berühmten Hotelkette punkten. Und zurück zu Hause darf man außerdem erzählen, man hätte auf Aruba im Ritz genächtigt. Das ist ja auch was. Es geht weniger aufgeregt zu und das Essen in den Restaurants ist fantastisch. Das Haus am Palm Beach ist das Einzige der Kette auf Aruba.
Man darf auf Aruba keine Karibikkultur erwarten, wie man sie vielleicht auf Jamaika oder Kuba erlebt. Aber die Insel ist sehr sicher, die Natur wunderschön und ohne Schwierigkeiten oder lange Fahrzeiten erlebbar – und das Angebot an Freizeitaktivitäten ist sowieso die größte Stärke des Inselstaates. Nur an das Getöne des unvermeidbaren amerikanischen Touristen muss man sich gewöhnen können. /// www.aruba.com
Text: Felix Just / Fotos: Aruba Tourism Authority
Schlagworte: Aruba, Oranjestad, Reportage, Travel