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WENN DER BUTLER ZWEIMAL KLINGELT …
Silversea Cruises
22. Juli 2017

WENN DER BUTLER ZWEIMAL KLINGELT …

Wir stehen am Flughafen Atatürk in Istanbul und halten Ausschau nach einem Schild mit der Aufschrift „Silversea“ für unseren Transfer zur Silver Spirit, dem größten Schiff einer Flotte kleinerer Luxuskreuzfahrtschiffe von Silversea Cruises. Dieser Liner wird die nächsten sechs Tage unser Zuhause sein für die Reise von Istanbul nach Kreta. Der Ankunftsbereich des Flughafens ist laut und wuselig.

 

Angefangen hat alles vor einer Woche, als via Expresszustellung unerwartet ein Päckchen ankam: Ein silberner Karton mit Gepäckaufklebern, einem Anhänger mit einer Silversea-Karte und ein gebundenes Büchlein mit allen Infos, was den Passagier auf der Schiffsreise mit dem Motto „Live the stories you’d love to tell“ erwartet. Außerdem wird von der Philosophie der familiengeführten, europäischen Reederei mit Hauptsitz in Monaco berichtet. Silversea bietet vergleichsweise kleine, familiäre Luxusschiffe an, die eine entspannte und lässige Atmosphäre an Bord ermöglichen sollen. Dazu gehört auch ein großzügiger All-inclusive-Service: Es ist die Rede davon, dass eine qualitativ hochwertige Auswahl an erlesenen Weinen, Cocktails, Spirituosen und anderen Getränken, sämtliche Trinkgelder, bestimmte Transfers und ausgewählte Landausflüge dabei genauso im Preis inbegriffen sind wie der 24-Stunden-Butlerservice. Moment. 24-Stunden-Butlerservice? Es war doch die Rede von lässig und entspannt. Wir sind skeptisch und packen vorsichtshalber eine Abendgarderobe mehr ein. Zugegeben, es ist die erste mehrtägige Luxuskreuzfahrt der Autorin. Der Ansatz von Silversea Cruises hat uns neugierig gemacht und wir sind gespannt, was von unseren Vorbehalten am Ende der Reise noch übrig ist.

 

Jetzt haben wir am Flughafen das Silversea-Schild entdeckt, werden freundlich in Empfang genommen, und schnell geht es mit einem klimatisierten Kleinbus ins Herz von Istanbul zur Pier. Das Check-in inklusive Sicherheitscheck ist unkompliziert, und bald schon stehen wir vor dem Counter der Spirit. Ob wir irgendwelche Nahrungsmittelunverträglichkeiten hätten. Haben wir. Mehr als eine. Der deutschsprachige Cruise-Mitarbeiter bleibt gelassen, während die Liste immer länger wird. Alles kein Problem. Ein paar Minuten später liegt sie vor uns: die Silver Spirit. Sechs Jahre alt, 198,5 Meter lang, 36.000 Tonnen, acht Gästedecks und 270 Suiten mit Meerblick, davon 85 Prozent mit eigener Veranda. Ausgelegt auf maximal 540 Passagiere liegt das Verhältnis von Besatzung zu Gast bei außergewöhnlichen 1:1,3. Stimmt, da war ja noch der 24-Stunden Butler-Service.

Während unser Gepäck auf die Suite gebracht wird – auf diesem Schiff gibt es keine „Kabinen“ – gehen wir ins La Terrazza mit seiner großzügigen Außenterrasse, um mit Blick auf Istanbul eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Diese Idee hatten nicht nur wir, und so tummeln sich schnell viele Mitreisende auf der Terrasse des Restaurants, um noch einige Sonnenstrahlen zu erhaschen. Die Passagiere sind in der Mehrheit Ende vierzig, der Anteil der männlichen Reisenden überwiegt etwas. Man kommt schnell ins Gespräch und die Atmosphäre hat etwas von einer Sommer-Cocktailparty. Die Vorurteile gegenüber Kreuzfahrten beginnen zu bröckeln.

 

Bevor wir in circa zwei Stunden ablegen, gibt es noch eine Pflicht-Rettungsübung für alle Passagiere. Schnell noch vorher in die Suite, und auf einmal sind wir mittendrin im Butler-Service: Joel ist unser Butler für die nächsten Tage und begrüßt uns ausgesprochen freundlich. Ob er schon die Koffer auspacken darf? Nein, danke. Welche Pflegeprodukte werden gewünscht? Wahlweise Bulgari, Salvatore Ferragamo oder Sebamed? Bulgari. Ob wir vielleicht schon ein Glas Champagner möchten? Ja, sehr gerne. Die Frage, ob es für das Glas Champagner nicht zu knapp vor der Rettungsübung sei, wird mit einem dezenten Lachen quittiert und dem Hinweis, dass eine Viertelstunde durchaus ausreichend sei. Den Rest der Flasche würde er dann in den Kühlschrank stellen. Wir eilen zur Rettungsübung. Kurzfristig blitzt während der Übung ein Bild von gut gekleideten Passagieren in unvorteilhaften Rettungswesten auf, die alle ein Glas Champagner in der Hand halten. Ein „Titanic“-Moment.

Den nächsten Morgen beginnen wir mit einem Frühstück auf der Veranda der Suite mit Blick auf die Insel Lemnos. Natürlich serviert von unserem Butler. Die Aussicht ist atemberaubend und das Schiff erscheint still und verlassen. Es kommt einem so vor, als wäre man auf einer einsamen Insel, auf der Pancakes an den Bäumen hängen und frisch gepresster Orangensaft von den Bergen fließt.

 

Am Tage haben wir keinen Landausflug geplant und uns vorgenommen, in aller Ruhe das Schiff zu erkunden. Die täglichen „Silversea Chronicles“ informieren über alle Aktivitäten auf dem Schiff und über die aktuellen Landausflüge. Von Spa und Fitnessstudio mit Kursprogrammen, zum Beispiel Yoga an Deck, bis zur Bridgerunde ist alles dabei. Besonders sind auch die zahlreichen, eher kleinen Restaurants mit zum Teil nur knapp dreißig Plätzen. Zum Lunch und Dinner haben die Gäste an Bord die Auswahl zwischen verschiedenen Gourmet-Restaurants, die unter anderem internationale, italienische und japanische Küche anbieten und mit Relais & Châteaux kooperieren. Es gibt viel zu entdecken und das All-inclusive-Prinzip macht es angenehm, vieles auszuprobieren. Der erste Tag vergeht wie im Flug und klingt in geselliger Runde bei einem Glas Champagner und live gesungenen Chansons im Supper Club im Stil der Zwanzigerjahre aus.

Am Morgen legen wir für zwei Tage im Hafen von Athen an. Die Landausflüge sind gut organisiert und informativ, trotzdem freuen wir uns immer wieder auf das Schiff. Bei einem nächtlichen Schiffsspaziergang auf der Fahrt von Nafplio nach Kreta schauen wir uns die ausgestellten Kunstwerke genauer an. Die schiffseigene Galerie wird kuratiert von Rami Ron von der Andrew Weiss Gallery. Hier sind Originalzeichnungen von Picasso zu finden und limitierte Abzüge von Fotografien von Marilyn Monroe. Klein ist unter den Werken auch der Preis vermerkt.

 

Dieses Schiff hat sich wirklich ganz dem individuellen Erleben verschrieben. Viel zu schnell erreichen wir Kreta und müssen Abschied nehmen von der Silver Spirit, Joel und Marilyn und unvergesslichen Eindrücken. /// www.silversea.com

 

Text: Manuela Kugler