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FORT LAUDERDALE:
ANSCHNALLEN, BITTE!
Travel
9. September 2017

FORT LAUDERDALE: ANSCHNALLEN, BITTE!

Amerika: das Land der unbegrenzten Sünden – zumindest kulinarischer Natur. Fort Lauderdale, die drittgrößte Stadt der Region Miami und der Verwaltungssitz des Broward County, bildet da keine Ausnahme. Es gilt, beim Aufenthalt die Lage am Meer zu nutzen und den Überfluss an Kalorien beim Schwimmen zu verbrennen oder die lokalen Fitnessstudios zu besuchen, die für wenig Geld auch Tagesmitgliedschaften anbieten. Laufen tut hier jedenfalls niemand.

Passionierte Autofahrer werden ihre wahre Freude an Fort Lauderdale haben. Besonders wenn der Mietwagen-Service, wie in unserem Fall, den reservierten Wagen doppelt vergeben hat und den stehen gelassenen Kunden dann auf die Luxusklasse upgraden muss. Landebahnbreite Highways, Zugbrücken und ganz viel Küste zum Staunen: Fort Lauderdale wird nicht umsonst auch als Venedig Amerikas bezeichnet. Wie fast überall in den USA ist der öffentliche Nahverkehr auf wenige Buslinien beschränkt, die zudem sehr unregelmäßig fahren. Eine als Tram getarnte Linie – der Sun Trolley – verbindet das Stadtzentrum mit dem Strand. Wer die Stadt aber tatsächlich kennenlernen will, ist auf ein Auto angewiesen. Und wer von Deutschland aus über Miami fliegt, kann sich auf dem Weg vom Airport nach Fort Lauderdale gleich mit den hiesigen Verkehrsgegebenheiten vertraut machen und mit den diversen spanischsprachigen Radiosendern Freundschaft schließen. Echte Alternativen gibt es neben einem Jazz-Kanal und einem Sender, der rund um die Uhr 1980er-Jahre-Rockballaden spielt, sowieso nicht. Wie in Miami lebt in Fort Lauderdale eine vitale Latino-Community.

Mietwagen in den USA sind vergleichsweise günstig. So schlägt ein Mittelklassewagen für eine Woche inklusive Vollkasko und einer Abgabe für die Nutzung der Schnellstraßen mit gerade einmal rund 300 Euro zu Buche. Es gab Pläne, eine neue Monorail-Bahn zwischen Flughafen und Stadtzentrum zu installieren, diese wurden aber wieder verworfen. Vielleicht war es die Liebe der Einwohner für ihre vierrädrigen Begleiter, die Schuld war am Scheitern des Plans? Das Straßenbild wird bestimmt von schneeweißen Limousinen deutscher Hersteller und knallbunter „Spielzeugautos“ von so namhaften Werken wie Aston Martin und Ferrari. Man erzählt sich, dass hier schon einmal ein Sportwagen der italienischen Manufaktur für 97 Millionen US-Dollar den Besitzer gewechselt haben soll.

 

Tatsächlich aber ist die Fahrt mit dem Auto entlang des Ocean Drive eines der absoluten Highlights der Stadt. Bars und Restaurants bespielen den Strand mit lauter Musik, riesige Hotelanlagen spenden Schatten vor der heißen Sonne Floridas – allen voran das W Hotel in unmittelbarer Nähe zum Sebastian Street Beach, dem Gay Beach Fort Lauderdales. Hier tummeln sich aber gleichermaßen auch Familien mit ihren Kindern und nicht nur gut gebaute Amerikaner und ihre Bewunderer. Broward County ist eines der progressivsten Verwaltungsgebiete Floridas und wird im Gegensatz zum Rest des Bundesstaates politisch von den Demokraten und nicht von den konservativen Republikanern dominiert. Das erklärt auch den hohen schwulen Anteil an der Bevölkerung von überdurchschnittlichen 15 Prozent. Im Winter sind es sogar zwanzig.

Nachts werden der Strand und die Promenade übrigens nicht beleuchtet, da dieser Küstenabschnitt von Schildkröten als Brutplatz genutzt wird.

 

Die Szene trifft sich zum größten Teil im benachbarten Wilton Manors. Die meisten Bars und Klubs sind rund um die Polizeistation des 11.000-Einwohner-Städtchens angesiedelt. Der Polizeichef ist selbst schwul und stolz auf sein Team von heterosexuellen, transsexuellen und schwulen Kollegen und Kolleginnen. Ein bisschen ist Wilton Manors wie West Hollywood in Los Angeles – der Altersdurchschnitt ist hier allerdings wesentlich höher. Viele Pensionäre verbringen in Florida ihren Lebensabend oder legen sich für den Winter ein zweites Zuhause zu. Noch sind die Mieten und Kaufpreise in und um Fort Lauderdale moderat. Eine Klublandschaft wie sie beispielsweise New York oder Berlin zu bieten haben, darf man deshalb nicht erwarten. Aber es besteht ja jederzeit die Möglichkeit, in seinen Mietwagen zu steigen, an den Strand zu fahren und einfach die Sonne und das Meer zu genießen.

SLEEP TIGHT

Die Strandpromenade mit ihren Hotelgiganten beherbergt jedes Jahr Millionen von Besuchern. Begibt man sich nur ein paar hundert Meter und wenige Querstraßen stadteinwärts, trifft man auf kleinere Guest Houses, die eine intimere Atmosphäre, aber nicht weniger Komfort bieten. Das Worthington Guest House in der North Birch Road ist ein einfaches, durchaus charmantes Resort mit Poolanlage und Whirlpool. Kleidung ist hier, wie im benachbarten The Grand, optional. Beide Häuser sind sehr sauber und für alle Bedürfnisse eines Urlaubers ausreichend eingerichtet. Freundliche Mitarbeiter und eine Happy Hour im The Grand immer donnerstags bis samstags ab fünf Uhr am Nachmittag machen den Aufenthalt zum Urlaub. /// www.sunny.org / www.theworthington.com / www.grandresort.net

9. September 2017 Travel m #49 zum mate.style.lab