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BEST OF THAILAND
Travel
26. September 2024

BEST OF THAILAND

Es gab wenige Länder, die mit der Pandemie ähnlich kreativ umgingen wie Thailand. Wer das Land besuchen wollte, musste mit Hotel-Quarantäne, Bergen von Formularen oder eingeschränkter Bewegungsfreiheit leben. Inzwischen soll alles wieder gut sein und noch viel besser werden. Wir geben Tipps für den nächsten Urlaub in Asiens vielleicht schönstem Urlaubsland.

Es sind oft ausgerechnet die guten Schwimmer, die ertrinken – oder Betrunkene. Wer nüchtern bei starker Brandung vor Phuket in die Wellen springt und dabei zu Tode kommt, kann dies also als Kompliment auffassen. Wer auf die schmeichelhafte Form der natürlichen Auslese verzichten mag, findet auf der thailändischen Ferieninsel seit Kurzem einen ähnlichen, aber weniger waghalsigen Adrenalin-Kick: den Andamanda Wasserpark. Auf hunderttausend Quadratmetern und mehreren Dutzend Wasserrutschen können Urlauber an den Grenzen ihrer Belastbarkeit arbeiten: beim kurzen Rutschspaß oder beim freien Fall aus einer rundum geschlossenen Kapsel, in der plötzlich der Boden verschwindet. Es gibt eine Anlage, in der man mit Wasserkraft rasant bergauf geschoben wird, und eine, bei der man in einem großen Ring eine beinahe vertikale Wand so hinaufschießt, dass man einen Moment der Schwerelosigkeit erlebt.

Echte Adrenalinjunkies mögen die Nase rümpfen angesichts so viel kontrollierter Abenteuer in einer künstlichen Zero Incident World, also einer Umgebung, in der Unfälle oder Verletzungen ausgeschlossen werden sollen. Sie können aber auch einfach Spaß haben oder sich am FlowRider versuchen, einer mehrere Meter hohen künstlichen Welle. Mit einem Bodyboard kann man üben, auf dem strömenden Wasser auf und ab zu fahren – und sich dabei trotz gepolstertem Untergrund auch blaue Flecke und einen gehörigen Muskelkater zuziehen. / www.andamandaphuket.com

MOGLI IM GLÜCK

Dichter Dschungel, Krokodile und ein Sound wie aus der Tonspur vom Dschungelbuch. Die Geräusche sind echt, die Krokodile nicht ganz. Es sind Asiatische Wasserwarane, die durch ihren See am Restaurant der Anantara Mai Khao Villas auf Phuket schwimmen und das Frühstücksbuffet mit Blicken verschlingen. Die schüchternen Echsen sehen aus wie freundliche Krokodile im Schlafanzug, bewegen sich im Wasser wie Schlangen und können bis zu zwei Meter groß werden. Solange man sie nicht füttert, bleiben sie auf Abstand. Und wenn man ihnen abends auf dem riesigen Gelände des Hotels begegnet, ergreifen sie erstaunlich behände die Flucht.

Das Areal gleicht eher einem botanischen Garten oder einem Freilichtmuseum für die thailändischen Baustile der letzten Jahrhunderte als einer Ferienanlage. In einem dichten Dschungel mit Seen und Wasserläufen stehen die hölzernen Villen wie kleine Gehöfte: ein Haupthaus mit dem Schlaf- und Wohnbereich und mehrere Nebengebäude mit Badezimmer und Bereichen zum Relaxen. Die einzelnen Gebäudeteile grenzen an einen Pool, in den man direkt aus dem Bett oder Bad springen kann. Mogli hätte seine Freude daran gehabt. / www.anantara.com

OMAKASE IM TREE HOUSE

Wenn man die Regeln der Grammatik wirklich begreifen möchte, fragt man am besten einen Ausländer mit guten Sprachkenntnissen. Der kann es erklären. Genauso verhält es sich mit den Gepflogenheiten der japanischen Küche. Viele Japaner würden sich eher den kleinen Finger abtrennen, als einen Ausländer tiefer als nötig in ihre Geheimnisse einzuweihen. Omakase – mach du mal – ist im Japanischen der Ausdruck des höchsten Vertrauens in einen Koch. Man bestellt dabei kein Gericht von der Karte, stattdessen sagt man dem Küchenchef: „Ich überlasse dir die Auswahl. Mach du mal!“ Im Tree House Restaurant, nicht weit von Phukets längstem Strand, dem Mai Khao Beach, kann man die Wahl der Gerichte an den thailändischen Chefkoch Teeraphat delegieren. Man bekommt dann kein Standard-Menü serviert, sondern eine Auswahl dessen, was frisch gefangen oder morgens auf Eis geliefert wurde.

Das offene Restaurant befindet sich in der Baumkrone einer Bengalischen Feige, die Theke umschließt die Küche. Wer hier sitzt, kann dem Koch beim Zubereiten der Speisen auf die Finger schauen. Und er bekommt zu jedem Gericht Hintergrundwissen aus der japanischen Küche geliefert.

RIVER RAFTING IN KHAO LAK

Frierende Urlauber, ausgeleierte Neoprenanzüge, Helm und Schwimmweste. Dazu ein Kapitän, der seine Matrosen auf Zeit mit lautstarken Befehlen durch Stromschnellen und Gischt peitscht. Man kennt die martialischen Bilder von Wildwasserfahrten in den Alpen oder Nordamerika. In Thailand geht Rafting anders.

Gemächlich fließt der Lam Ru Yai durch den nach ihm benannten Nationalpark nahe der Küste. Der Höhenunterschied von der Quelle bis zum Meer ist überschaubar, die Fließgeschwindigkeit gemächlich und die Wassertemperatur liegt knapp unter der einer Badewanne. Im Park leben eine dreistellige Zahl teils seltener Vogelarten, Marderbären, Malaien-Gleitflieger, die Sumatra-Kobra sowie weitere Schlangen in Warnfarben, die man vor einem Ausflug besser nicht googelt. Die eigentliche Attraktion beginnt dort, wo der Lam Ru Yai den Park verlässt. Hier dürfen ein paar Rafting-Anbieter ihre Bambusflöße zu Wasser lassen. Kein aufwendiges Schlauchboot, keine rudernde Mannschaft. Hier reichen zwei Dutzend Bambusstangen und ein bisschen Seil, um gemächlich über den kleinen Fluss und durch die wenigen Stromschnellen zu gleiten. „You will get wet!“, versichern die Bootsführer ihre maximal zwei Gäste pro Raft, bevor es losgeht. Zwischen den Stangen drückt immer wieder Nässe nach oben, und in den Stromschnellen stehen Teile des Rafts auch mal mehrere Zentimeter unter Wasser. Gefahr, über Bord zu gehen, besteht trotzdem nicht … aber der Wunsch danach. Wer möchte, kann zwischendurch baden. Für die etwa drei Kilometer lange Strecke braucht man je nach Länge des Badestopps dreißig bis vierzig Minuten. / www.komolcorner.com

CANNABIS FÜR ANFÄNGER

Seit seiner Legalisierung ist Cannabis in Thailand in aller Munde. In größeren Städten oder den touristischen Zentren betrifft das vor allem die bewusstseinserweiternden Teile der Pflanze. Aber auch jenseits des THCs erlebt Cannabis eine Renaissance. Ätherisches Öl aus destillierten Hanfblättern und -blüten ist reich an Antioxidantien. Es wirkt entzündungshemmend und kann Schmerzen lindern. In der traditionellen Medizin wird es seit Jahrhunderten verwendet, im AvaniSpa auf Koh Lanta wird Cannabis-Öl in Kombination mit Kompressen eingesetzt. Bei einer Massage mit den prall gefüllten Kräutersäckchen sollen auch Verspannungen in tiefen Muskelschichten gelöst werden, Kreuz- und Nackenschmerzen verschwinden. Selbst die Stimmung, so versprechen die Angestellten, könne eine Massage mit Cannabis-Öl verbessern – und das ganz ohne Haschkeks oder Joint. Auf die Stimmung dürfte allerdings auch die Aussicht einen Einfluss haben. Aus dem Spa schaut man über den dichten Wald der Insel bis weit in die Andamanensee. Wer möchte, gönnt sich noch ein Bad mit Cannabis-Badesalz, verwöhnt die Haut mit Cannabis-Reismilch oder entspannt mit einem Cannabis-Tee. So macht der Kampf gegen Jetlag, trockene Haut oder Verspannungen wirklich Freude. / www.avanihotels.com

MUSEUM FÜR EINE KATASTROPHE

Die jüngeren Leser dürften kaum eine Erinnerung an den 26. Dezember 2004 haben. Für die meisten anderen war es der Tag, an dem sie einen neuen Begriff in ihren Wortschatz aufnahmen: Tsunami.

Deck schrubben, Prinz bewachen und Langeweile standen in der Weihnachtszeit 2004 auf dem Tagesprogramm des Marineschiffs 813 der thailändischen Küstenwache. Dann sank der Meeresspiegel plötzlich ab. Schlau wäre es gewesen, jetzt schnell aufs offene Meer zu fahren. Aber einen Enkel des thailändischen Königs lässt man nicht einfach so zurück. Schon gar nicht, wenn der gerade Jetski fährt. Und deshalb kreuzt das Patrouillenboot heute nicht mehr vor der Küste, sondern liegt gut zwei Kilometer im Landesinneren. Dort, wo der Tsunami es abgelegt hat: gegenüber dem Bang Niang Market von Khao Lak. Die Besatzung kam mit dem Schrecken davon, der 21-jährige Prinz nicht mal mit dem Leben. Ein Schicksal, das er mit etwa 230.000 anderen Menschen teilte, die sich an diesem Tag in den Küstenregionen des Indischen Ozeans aufhielten.

 

Der Gruselfaktor ist beträchtlich, wenn man das nahezu unbeschädigte Schiff heute so weit abseits der Küste inmitten einer Gedenkstätte liegen sieht. Nebenan befindet sich ein Museum, das vor allem Vorher-Nachher-Bilder gegenüberstellt – leider in schlechter Qualität. Was bleibt, ist ein mulmiges Gefühl und die Erkenntnis: Wenn das Meer plötzlich verschwindet, ist das kein guter Zeitpunkt, um Muscheln zu sammeln. ///

 

Text & Fotos: Carsten Heider

26. September 2024 Travel m #69 zum mate.style.lab